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IX. Astroexpedition ins Glocknergebiet

20.-23. September 2007

Glocknerpanorama
Glocknerpanorama

Auch heuer war da wieder diese gespannte Erwartung: Wird das Wetter pünktlich zum September-Neumond schön werden, wird sich das ersehnte Spätersommer-Hoch einstellen, das mir fast jedes Jahr klare Nächte im Hochgebirge ermöglicht hat? Dann die große Enttäuschung: Ein Schlechtwettereinbruch Anfang bis Mitte September sorgte für Überschwemmungen im Tiefland und Neuschnee im Gebirge. Keine Chance für Astrofotografen... Erst am Mittwoch, dem 19. September - mehr als eine Woche nach Neumond - verkündete die Wetterprognose ein stabiles Hoch, das zumindest bis zum Wochenende anhalten sollte. Jetzt stellte sich natürlich die Frage: Nutzen oder nicht? Immerhin hatten wir da schon Halbmond, zunehmend, der zunächst in der ersten Nachthälfte stören würde, und dann jede Nacht eine Stunde später untergehen würde.

Die Alternative wäre gewesen, auf den Oktober-Neumond zu warten, aber das hätte mehrere Nachteile mit sich gebracht: Im Oktober wird es in über 2000m Höhe schon empfindlich kalt, mit Eis und Schnee muß gerechnet werden, und die meisten Unterkünfte entlang der Straße haben dann auch schon geschlossen. Und wer kann schon vorhersehen, ob im Oktober das Wetter noch mitspielen wird? Letztlich habe ich mich dann doch entschlossen, die Astrofoto-Expedition am nächsten Tag zu wagen, trotz des zunehmenden Mondes. Also machte ich mich am Donnerstag frohen Mutes auf in Richtung Berge...

Die Anfahrt plante ich diesmal über das Kleine Deutsche Eck und den Zeller See. Kurze Zwischenstops machte ich Schneizlreuth, wo mir die Kirche mir ihrem Zwiebelturm vor dem herbstlichen Mischwald gefiel, und am Zeller See, wo ich das herrliche Panorama genoß. Beeindruckenend auf dieser Route waren die Ausblicke auf die Kalkfelsen der Loferer und Leoganger Steinberge.

Kirche in Schneizlreuth Loferer Steinberge Am Zeller See Am Zeller See
Die Anreise - Kirche in Schneizelreuth, Loferer Steinberge, am Zeller See

An der Mautstelle im Fuscher Tal hiess es erst mal "Bitte Warten": Die Alpenfahrt Classic-Rallye 2007 war unterwegs, stilgerecht mit alten Oldtimern, die nahmen die ganze Glocknerstraße für sich in Anspruch! Also blieb mir nichts anderes übrig als eine Weile den Yaks im Wildpark Ferleiten beim Grasen zuzuschauen...

Die Alpenfahrt Yak im Wildpark Ferleiten
In Ferleiten - Teilnehmer der Alpenfahrt, ein Yak im Wildpark

Auf der Stecke kamen mir mehrere Bremstestwagen und sogar ein echter Erlkönig entgegen - letzterer fest verhüllt, so dass man die Formen des Autos nicht sieht, gute Tarnung ist schließlich alles. Alle diese Wagen waren mit Messgeräten an jedem Rad und Notebook am Beifahrersitz ausgestattet... Hmm, die Burschen sind bekannt dafür, auch in der Nacht unterwegs zu sein, haben wohl eine Sonderabmachung mit dem Straßenbetreiber... Ab 2000m war die Landschaft verziert von Schneeflecken, welche die vergangene Schlechtwetterperiode hinterlassen hatte. Das war etwas ungewohnt, sah aber recht hübsch aus. Wolken hingen genug zwischen den Bergen, ob sich die alle noch auflösen würden?

Kahlköpfiger Baum Goldberggruppe im Abendlicht Hohe Dock in Wolken
Impressionen von der Auffahrt - Kahlköpfiger Baum vor dem schneebedeckten Sinewelleck (3281m), Panoramaaufnahme der Goldberggruppe (höchster Gipfel: Hocharn, 3254m; ganz rechts: Roßschartenkopf) im Abendlicht, Hohe Dock (3348m) in Wolken

Quartier nahm ich wie schon in den letzten Jahren in der Edelweißhütte. Herr Lederer, der Wirt, empfing mich schon wie einen Stammgast und stellte mir die Garage zum Einstellen meiner Geräte zur Verfügung. Zwar sind die Zimmer klein, ein WC gibt's nur am Gang, und die einzige Dusche ist im Keller, aber es wohnt sich dort sehr gemütlich, das Essen ist gut, man kann über die Küche auch in der Nacht raus und rein, und es ist kein Problem wenn man nach einer durchwachten Astro-Nacht erst gegen Mittag zum Frühstück erscheint...

Nach dem Auspacken, Abendessen und Umziehen ging's gleich raus in die klare Nacht. Klar? Naja, leider nicht so ganz. Es gab immer noch Wolken, die im Nordstau gegen die Berge drückten, nicht viele zwar, aber doch lästig, und dazu noch eisig kalten Nordwind. Das macht den Aufenthalt auf der exponierten Edelweißspitze, immerhin 2572m hoch, sehr ungemütlich. Also beschloss ich, nach einigem Abwarten, mein Glück auf der Südseite der Straße zu probieren. Wer weiß, vielleicht hält der Alpenhauptkamm ja die Wolken ab? Also rüber über's Hochtor und runter zum Wallackhaus, das liegt auf 2304m Seehöhe. An der Südseite des Hauses habe ich mit Freunden ja schon so manche Astronacht verbracht, das Haus selbst sorgt dort für Windschutz gegen den Fallwind, der gerne vom Hochtor herunterbläst.

Tatsächlich sah die Sache dort wesentlich besser aus: Die wenigen Wolken, die es über den Hauptkamm drüberschafften, lösten sich gleich darauf rasch auf, und der Himmel war weitgehend klar. Gegen den Nordwind boten die Vorbauten des Hauses einigermaßen Schutz, gelegentliche Windböen trafen aber doch das Teleskop. Das Licht, das aus den Fenstern entkam, war etwas lästig - die Gangbeleuchtung des Wallackhauses wird die ganze Nacht lang nicht abgedreht...

Nach dem Monduntergang stellte ich einen visuelle Grenzgröße von 6.7 mag im Kleinen Bären fest, ausgezeichnete Transparenz. Da war sogar der Gegenschein zu sehen, jener Fleck, der durch Rückwärtsstreuung des Sonnenlichtes im Staub der Ekliptikebene entsteht - das geht wirklich nur bei allerbesten Bedingungen. Das Seeing war nicht ganz so gut, die Messung ergab nur 3.2" FWHM, klar, daran war der Wind schuld. Die Temperatur sank bis auf 0°C ab, ganz schön kalt für September... Macht nichts, umso besser gehen die ungekühlten Digitalkameras, sage ich stets ;-)

Fotografiert habe ich mit dem 9.5" Newton, und zwar zunächst einen Ausschnitt des Pelikannebels IC 5067-70 im Schwan und danach die Galaxie IC 1613 im Cetus, eine interessante irreguläre Zwerggalaxie, die der Lokalen Gruppe angehört. Nebenbei liefen Milchstraßen-Panoramaaufnahmen mit Weitwinkel- und Teleobjektiven. Für die visuelle Beobachtung hatte ich meinen 4.1" TMB Refraktor mit dabei - siehe dazu die gesammelten Beobachtungsberichte weiter unten.

Cygnus, Lacerta, Cepheus, Andromeda, Cassiopeia IC 5067-70 IC 1613 Cassiopeia
Astrofotos der ersten Nacht: Milchstraße zwischen Schwan und Cassiopeia, der Pelikannebel IC 5067-70, die irreguläre Zwerggalaxie IC 1613, das Sternbild Cassiopeia

Diese Nacht habe ich bis zur Morgendämmerung durchgemacht. Eindrucksvoll in der kalten Luft des Hochgebirges ist das Hochsteigen des Zodiakllichtkegels kurz vor Beginn der Astronomischen Dämmerung, dieses Jahr war er allerdings nicht ganz so stark ausgeprägt wie in den Vorjahren.

Zodiakallicht und Venus Morgendaemmerung mit Venus
Zodiakallicht und Morgendämmerung - Weitwinkel-Aufnahmen vom Osthimmel zu Beginn der astronomischen Dämmerung (links) und während der Dämmerung (kurz belichtet, rechts). Venus ist jeweils das hellste Objekt. Bei dem Sternhaufen direkt über Venus handelt es sich um M44 (Praesepe).

In der fortschreitenden Dämmerung packte ich dann meine Siebensachen und machte mich auf den Weg zurück übers Hochtor und zur Edelweißspitze. Dort durfte ich dann den Sonnenaufgang erleben - jedes Mal ein herrliches Naturschauspiel, wenn zuerst die höchsten Spitzen in das rötlich-gelbe Licht der ersten Sonnensstrahlen getaucht werden, während die tieferen Regionen noch im dunklen schwarz-blau der vergehenden Nacht verharren... Erst um 8 Uhr kam ich an diesem Morgen ins Bett.

Wiesbachhorn im Morgenlicht Hohe Dock im Morgenlicht
Berge im Morgenlicht - Großes Wiesbachhorn (3564m), Hohe Dock

Nach dem späten Frühstück beschloss ich, den Tag auf der Franz-Josefs-Höhe zu verbringen. Der Himmel war strahlend blau, kein Wölkchen weit und breit, richtiges Kaiserwetter. Was bietet sich da Besseres an, als den Bergsteigern beim Besteigen des Großglockners zuzuschauen? Bequem von unten, mit dem Teleskop, versteht sich ;-)

Immer wieder hübsch zum Aunschauen ist der Schleierfall, der sich direkt an der rechten Straßenseite befindet, wenn man in Richtung Franz-Josefs-Höhe unterwegs ist, an diesem "Kraft-Platz" (so die Beschilderung) hielt ich kurze Rast.

Schleierfall Schleierfall Trockenes Gras vor Schleierfall
Der Schleierfall - hier sehr kurz belichtete Aufnahmen, trockenes Gras vor dem Wasserfall

Also suchte ich den dafür geeignetsten Platz auf - Parkplatz I der Franz-Josefs-Höhe bietet am äußersten Ende eine freie Schotterfläche, die dafür wie geschaffen ist. Natürlich erregt der Aufbau eines Refraktors unter den Reisebus-Touristen (Parkplatz 1 ist hauptsächlich für Busse vorgesehen) einiges Aufsehen, und so mutierte mein TMB APO schnell zum allgemein beliebten Glockner-Schau-Instrument... Zu sehen gab es ja Einiges: Den Berg mit Felsen, Eis und Schnee, und die zahlreichen Gipfelstürmer... Auch die Sonne stellte ich ein, mit Filter, versteht sich. Die präsentiert sich derzeit allerdings fleckenlos, und das Seeing war auch nicht gerade berauschend.

TMB105 vor dem Glockner Glockner mit 86mm Brennweite
Glocknerblick - Beobachtungsbereiter TMB-Refraktor, der Großglockner (3798m)

Leuchtende Gletscher Leuchtende Gletscher Schwertkees S�racs im Glocknerkees
Fels, Schnee und Eis - "Leuchtende" Gletscher im Gegenlicht, S�racs im Glocknerkees

Eine weitere Attraktion der Franz-Josefs-Höhe bieten die Murmeltiere, die sich auch dieses Jahr wieder zahlreich sehen ließen. Die Nagetiere haben ihre "Wohnungen" in den Lücken der Mauern, die den Parkplatz tragen, und sind keineswegs fotoscheu. Einige recht freche Raben machten ihnen das (ungesunde) Futter streitig, das ihnen Touristen über die Mauer herunterwarfen...

Ein Murmeltier Ein Murmeltier Eine Murmeltierliebe? Murmeltier daheim
Murmeltiere an der Franz-Josefs-Höhe, eine Murmeltierliebe (oder doch nur Futterneid?), Sweet Home

Murmeltiere beim Essen Murmeltierportrait
Murmeltierportraits

Ein Rabe Rabe im Flug über der Pasterze
Die Raben

Nach einem - ebenfalls verspäteten - Mittagessen mit Blick auf die Pasterze, die auch in diesem Sommer wieder stark geschrumpft ist, gönnte ich mir den Besuch der Ausstellung "Reise der kaiserlichen Hoheiten Franz Josef und Elisabeth durch Kärnten", wo man den guten alten Kaiser - der anno 1856 eigentlich noch recht jung war - bei seinem Besuch auf der nach ihm benannten Franz-Josefs-Höhe nochmals Hochleben lassen kann...

Glockner und Pasterze Gletscherspalten
Die Pasterze: Weitwinkelaufnahme mit Glockner, Gletscherspalten

Nach soviel imperialer Prominenz brauchte ich eine Pause und warf mich "daheim" in der Edelweißhütte erst mal ins Bett, um fit für die kommende Nacht zu sein.

In dieser Nacht blieb ich auf der Edelweißspitze, nachdem es windstill war. An der Südseite des Parkplatzes gibt es einen abgesonderten Biker-Bereich, zahlreiche Bänke bieten dort ideale Ablageflächen für das Equipment. Dort baute ich also auf.

Newton im Mondlicht
Ein 9.5" Newton-Reflektor im Mondlicht - Kombination aus einer kurzen (30s) und einer langen (3.5 min) Aufnahme. Das Teleskop hat sich bewegt und erscheint daher etwas unscharf. Der am unteren Tubusende festgeklebte Karton schützt vor Streulicht von unten.

Als der Mond noch am Himmel stand, fotografierte ich bei gutem Seeing M27 mit dem 9.5" Newton, trotz einiger leichter Cirren am Himmel. Nach dem recht malerischen Monduntergang hinter den Bergen um halb 1 lösten sich die fast alle Schleierwolken auf, da war dann ein Umbau angesagt: Fotografiert wurde jetzt mit meinem Spezialisten für große Bildfelder, dem JSO Wright-Newton. Hier standen ausgedehnte Nebelfelder der Milchstraße am Programm, zunächst Sharpless 115 / van den Bergh 134 im Schwan, später dann NGC 7822 im Cepheus. Mit Teleobjektiven gestaltete ich Strichspuraufnahmen, meist mit Bergen als "Vordergrund"-Motiv.

Sh2-115, vdB 134 NGC 7822
Astrofotos der zweiten Nacht: Sharpless 115 / vdB 134 im Schwan, NGC 7822 im Cepheus

Orion über Goldberggruppe Strichspuren über der Hohen Dock Milchstraße über Wiesbachhorn
Strichspuraufnahmen - Orion über der Goldberggruppe, Strichspuren über der Hohen Dock, Milchstraße über dem Wiesbachhorn

Diese Fotos zeigen einen deutlich grünstichigen Hintergrund, der hauptsächlich von der natürlichen Himmelsaufhellung herrührt. Diese Art von Himmelsaufhellung wird vor allem durch das schwache Leuchten der Luft in der oberen Atmosphäre verursacht ("airglow"). Schleierwolken in Horizontnähe, die von unten durch künstliches Licht gelb beleuchtet werden, verstärken die Aufhellung. Wirklich perfekt dunkel ist der Himmel leider auch in den Zentralalpen nicht mehr...

Der Newton musste als visuelles Instrument herhalten, und eignete sich aufgrund seiner größeren Öffnung dafür ganz ausgezeichnet (Beobachtungen im Detail siehe unten). Die visuelle Grenzgröße lag zwischen 6.5 und 6.6 mag im Kleinen Bären, es war trocken und die Temperatur erträglicher bei +3°C. Alles in allem eine gute Nacht, die ich ungestört hätten genießen können - wären da nicht diese Bremstestwagen einer bestimmten Automarke gewesen. Die Burschen kamen nach Monduntergang zweimal rauf bis zur Edelweißspitze, lautes Reifenquietschen kündigte schon lange vorher ihre Ankunft an. Bei zweiten Mal - es war schon 3 Uhr - hielten sie ein ziemlich langes und lautes Palaver auf Spanisch, bei voll aufgedrehten Lichtern, versteht sich. Ich wollte meiner Verärgerung schon lautstark Luft machen, da zogen sie es doch noch vor, rasch wieder abzufahren.

Auch in dieser Nacht hielt ich bis zur Morgendämmerung durch, schließlich will die astronomisch dunkle Zeit gut genutzt werden.

Venus in der Morgendämmerung
Strahlende Venus in der Morgendämmerung

Mein Tagesprogramm für den nächsten Tag - es war schon Samstag - sah eine Bergwanderung vor. Blos wohin? Für einen 3000er war ich nicht wirklich ausgeschlafen genug, außerdem vertragen sich Astronomie und Wandern nicht sonderlich gut - nach einer anstrengenden Bergtour hält man keine ganze Nacht durch, und nach einer durchwachten Nacht keine volle Bergtour. Trotzdem sollte es ein Gipfel mit Aussicht sein. Als Kompromiss bot sich der Roßschartenkopf an, 2665 Meter hoch, am Alpenhauptkamm gelegen, und vom Hochtor aus in einer Stunde zu erreichen. Der Klagenfurter Höhenweg führt am Berg vorbei, der Gipfel selbst ist nur "wild" begehbar, was einen gewissen Reiz für sich hat.

Unterwegs am Alpenhauptkamm Der Glockner lugt hervor Am Roßschartenkopf
Unterwegs am Alpenhauptkamm - Blick nach Westen, der Glockner lugt hervor (im Vordergrund: Racherin, 3092m), am Roßschartenkopf (Gipfel)

Quarz Gras, Flechten und Steine
Am Boden - Leuchtender Quarz, Gras, Flechten und Steine

Von oben hatte ich einen herrlichen Ausblick nach Norden und nach Süden, von den Steinbergen bis zur Schobergruppe. Für den Rückweg wählte ich den "Geotrail", einige geologisch interessante Punkte auf diesem Weg sind mit Tafeln gekennzeichnet, die aber nicht mehr alle ganz gerade stehen.

Ausblick auf die Schobergruppe Roter Knopf Am Geotrail Tiefblick auf das Hochtor (Panoramaaufnahme)
Beim Abstieg - Ausblick auf die Schobergruppe, Roter Knopf (3281m), am Geotrail, Tiefblick auf das Hochtor (Panoramaaufnahme)

Nach dieser etwas anstrengenden Tour gönnte ich mir ein gutes Mittagessen an der Fuscher Lacke, die immer wieder für malerische Fotos herhalten kann.

Fuscherlacke Fuscherlacke und Ritterkopf Fuscherlacke und Goldberggruppe
An der Fuscher Lacke

Der Wirt, Herbert Haslinger, ist besser bekannt als "Mankeiwirt", weil er einst ein kleines Murmeltier - "Mankei" auf pinzgauerisch - gefunden und großgezogen hat. Dieses Tier, es hört auf den Namen "Morfi", ist praktisch das Haustier der Familie geworden und pflegt gerne auf den Schultern seines Ziehvaters zu sitzen. Mit wilden Mankeis ist so ein vertrauter Umgang allerdings nicht zu empfehlen, wie mich der Mankeiwirt warnte, die können nämlich einem Erwachsenem mit nur einem Biss locker den Finger abbeissen, wenn man sie packen will...

Der Mankeiwirt
Der Mankeiwirt und sein Morfi

Meine dritte und für dieses Jahr letzte Nacht auf der Glocknerstraße verbrachte ich wieder auf der Edelweißspitze - die Bequemlichkeit, nach einer langen Beobachtungs- und Astrofoto-Session einfach das Auto abzuschließen, ins warme Haus zu gehen und sich auf's Ohr zu hauen, ohne anstrengende Autofahrt dazwischen, ist einfach nicht zu überbieten. In dieser Nacht ging der Mond erst kurz vor 2 Uhr unter.

Astrofotografie bei Mondlicht Monduntergang
Astrofotografie bei Mondlicht - Der 9.5" Newton in Aktion, "Strahlender" Monduntergang hinter Bergen

NGC 6781 Perseus, Cassiopeia IC 1396, IC 1396A, vdB 142, B161, LDN 1105
Astrofotos der drittten Nacht: NGC 6781 im Adler, Milchstraße zwischen Perseus und Cassiopeia, Ausschnitt aus IC 1396 im Cepheus

Den 9.5" Newton habe ich wieder als Fotorohr genutzt, diesmal standen der Planetarische Nebel NGC 6781 im Adler (bei Mondlicht) und ein Ausschnitt aus dem großen Emissionsnebel IC 1396 (nach Monduntergang) auf meiner "Abschussliste". Zur visuellen Beobachtung diente diesmal der 4.9" Wright-Newton. Die Nacht war sogar noch etwas wärmer bei anfangs +5°C, und das Seeing erreichte den sehr guten Wert von 2.0" FWHM. Dafür war die Transparenz nicht mehr ganz so exzellent wie in den vorangegangenen Nächten, "nur" 6.3 mag, was aber immer noch ein guter Wert ist. Ganz sauber war der Himmel nicht mehr, dünne Cirren dürften dafür verantwortlich gewesen sein.

Die Bremstestwagen kamen auch in dieser Nacht wieder - allerdings verhielten sie sich diesmal viel rücksichtvoller: Die Lichter wurden sofort abgedreht, und die Unterhaltung fand nur im Flüsterton statt - die haben also sehr wohl mitbekommen, dass sie hier mit ihrem Verhalten gestört haben. Nach nur 10 Minuten waren sie auch schon wieder weg.

In der Morgendämmerung blinzelte mit die Venus so vergnüglich entgegen, das konnte ich mir nicht entgehen lassen. Daher hielt ich mit der Webcam auf den Planeten drauf. Leider war das mit dem "blinzeln" wörtlich zu nehmen - das Seeing so tief am Osthorizont war ziemlich schlecht. Mal sehen, ob sich aus den Filmsequenzen ein herzeigbares Bild herauszaubern lässt...

Der Sonntag präsentierte sich nicht mehr ganz so strahlend blau, Wolken verzierten den Himmel, die nächste Front war schon im Anzug. Für eine kurze Wanderung - vom Glocknerhaus eine Wegstunde aufwärts Richtung Untere Pfandlscharte, mit stetig besser werdendem Blick auf den Großglockner und die gegenüber liegende Freiwand - war noch Zeit.

Das Glocknerhaus Karlkamp Septembergras Sinewelleck - Südseite
Aussichten von der Wanderung - Das Glocknerhaus, Karlkamp (3114m) und umgebende Berge der Schobergruppe, Septembergras, das Sinewelleck - diesmal gesehen von seiner abgerundeten Südseite

Danach hieß es dann Abschied nehmen von der herrlichen Bergwelt. Bei der Heimfahrt durch das obere Mölltal fielen mir an der rechten Talseite, in einer Steilwand, zwei sehr fotogene Wasserfälle auf, die mir bisher stets entgangen sind. Über Villach ging es dann heim nach Wien.

Heiligenblut vor dem Großglockner Mühlbachfall Ledererbachfall
Impressionen von der Heimfahrt - Heiligenblut vor dem Großglockner, Mühlbachfall und Ledererbachfall - fotografiert vom Talboden aus


Nun aber zu den visuellen Beobachtungen aller drei Nächte im Detail:

M27 ist immer ein nettes Objekt zum "Einschauen", und zum Abschätzen den Himmelsqualität. Ausgezeichnet, kann ich nur sagen! Sogar die "Ohren" waren direkt deutlich zu sehen, schon ab 30x. Der Hantelnebel eignet sich auch gut als Ausgangspunkt zum Aufsuchen von...

NGC 6823, ein Sternhaufen im Sternbild Vulpecula, der in einen schwachen Emissionsnebel mit dem phantasievollen Namen "Elephantenrüssel-Nebel" eingebettet ist. Der Haufen war im TMB Apo leicht zu sehen, vom Nebel hingegen nichts zu erahnen, auch nicht mit UHC-Filter.

NGC 6781 im Adler ist ein Planetarischer Nebel wie aus dem Bilderbuch, ein zartes, fast vollständiges Scheibchen, die Ringform andeutungsweise, grad mal die Nordseite ist weniger deutlich ausgeprägt. Es gibt mehrere Sterne im Ring. Diesen Nebel habe ich in der letzten Nacht auf der Edelweißspitze fotografiert.

NGC 6939 ist ein hübscher kleiner offener Sternhaufen im Cepheus, NGC 6946 eine Spiralgalaxie, beiden passen locker in das Gesichtsfeld meines 22m Panoptic-Okulars am TMB APO. Die Galaxie enttäuscht ein wenig: Bei geringer Vergrößerung nur ein diffuses "Etwas", bei höherer Vergrößerung sieht man praktisch nur mehr den Kern. Spiralarme konnte ich nicht ausnehmen. Beide Objekte stehen schon lange auf meiner Foto-Abschussliste.

NGC 7822 ist ein sehr grosser Emissionsnebel an der Grenze zwischen Cepheus und Cassiopeia, mit einer Deklination von +67° ist er wohl der nördlichste Emissionsnebel überhaupt. Der Zentralteil des Nebels (um den 6 mag-Stern herum) war bei 30x mit UHC-Filter gut zu erkennen, der Nordteil ansatzweise. Sicherlich eine Herausforderung für eine 4.1" Refraktor, und ein Indikator für die hohe Transparenz des Hochgebirgs-Himmels.

NGC 7000, der Nordamerikanebel: Na endlich ein "Standardobjekt"! Toll, was der Himmel hergibt, selten habe ich hier so viel Nebel gesehen! Und das UHC-Filter ist dafür garnicht mal notwendig... Auch sein Nachbar, IC 5070, der Pelikannebel, ist gut zu erkennen - "Hals" und "Schnabel" des Tieres treten indirekt deutlich hervor.

IC 1396, großer Emissionsnebel, von Fotos her wohl bekannt. Eines meiner Foto-Targets, visuell jedoch ein schwieriges Objekt. Hier hatte ich den 4.9" Wright-Newton als Beobachtungsinstrument, bei 22x mit UHC-Filter, und tatsächlich: Die leicht nach innen gebogene Ostkante des Nebels, die einen vergleichsweise hohe Kontrast aufweist, war eindeutig auszunehmen. Hier muß man aufpassen, dass man nicht die zahlreichen schwachen Hintergrundsterne im UHC-Filter als Nebel deutet...

NGC 281 in der Cassiopeia ist der Pac Man Nebel. Naja, viel war visuell von der bekannten Videospielfigur nicht zu erkennen, eher strukturlos, die Sache, aber eindeutig nebelig bei 22x. Die dunkle Unterkante (der "Mund" des Pac Mans) ist mit UHC-Filter noch am ehesten zu erahnen.

IC 1613 ist jene Galaxie der lokalen Gruppe, die ich gleich in der ersten Nacht fotografiert habe, visuell konnte ich sie mir natürlich auch nicht entgehen lassen. Naja, der Anblick im 9.5" Newton bei 53x war etwas enttäuschend: Ein diffuser Fleck ohne Struktur. Ob's mehr Vergrößerung bringt? Fehlanzeige, bei 98x ist kaum mehr etwas davon auszumachen.

NGC 246 ist ein schön großer Planetarischer Nebel im Cetus, den ich allerdings längere Zeit suchen musste. Gelegentlich findet man die unschöne Bezeichnung "Schädelnebel" für diesen PN. Zu sehen waren mehrere Sterne, die über einen kreisförmigen Nebel verstreut waren, einer davon ist der Zentralstern. Der westliche Rand des Nebels scheint zu fehlen. Hier nutzte ich Vergrößerung von 30x bis 72x mit dem TMB APO.

NGC 1332, NGC 1300 und NGC 1232 sind drei Galaxien im Eridanus, alle recht nahe beieinander, die ich gleich in einem "Durchgang" mit dem 9.5" Newton beobachtete. NGC 1332 ist eine der seltenen lentikularen Galaxien, NGC 1330 ist eine prototypische Balkenspirale, und NGC 1232 eine gut ausgeprägt Sc-Spirale, die man face-on sieht. Letztere beiden kennt man gut aus Hubble-Aufnahmen. Jedoch erscheinen visuell im Newton alle drei als diffuse, elliptische Flecken, Spiralstruktur war bei keiner davon auszumachen. Eigentlich etwas enttäuschend.

M42/M43: Der Orionnebelnebel diente zum "Ausklang" der visuellen Beobachtungen - huch, es nebelt ;-) Grandios wie immer. Der UHC-Filter war hier unnötig, ohne kommen in einer so feinen Nacht mehr Details heraus!

Lang ist die Liste nicht geworden, klar, visuelle Beobachtungungen laufen bei mir meistens nur nebenher, primär war ich mit den Fotos beschäftigt. Ausserdem: Besser sich gründlich mit Objekten beschäftigen als nur einen flüchtigen Blick drauf werfen und gleich weiter zu eilen! Da stets nur die zweite Nachthälfte dunkel genug war, schlug auch schon oft die Müdigkeit zu.


Radlerrast vor dem Brennkogel
"Radlerrast" am Fuschertörl, im Hintergrund der Brennkogel (3018m)

Zusammenfassend kann ich schreiben, dass es wieder mal eine ausgezeichnete Astroexpedition war - so viel Glück, gleich drei klare Nächte im Hochgebirge hintereinander erleben zu dürfen, hat man nicht immer. Die hohe Transparenz des Himmels ist für mich Flachländler ungewohnt und jedes Jahr wieder eine angenehme Überraschung - es gibt ihn also doch noch, den klaren und unverschmutzten Sternenhimmel! Auch das Seeing kann vor Ort mitunter recht fein sein, wenn mal der Wind vollständig aussetzt, was aber dort oben nicht allzu oft der Fall sein dürfte. Die Astrofoto-Ausbeute ist dieses Jahr wieder so gewaltig, dass ich noch monatelang mit der Bearbeitung beschäftigt sein werde. Dazu kommen noch ca. 2 GB an Tageslicht-Aufnahmen, sozusagen als Nebenprodukt der Astroexpedition. Der zunehmende Mond - schon mehr als halb voll - hat wahrscheinlich andere Amateure abgehalten, deshalb war ich diesmal der einzige Astronom vor Ort. Voriges Jahr um die gleiche Zeit gab es eine regelrechte Starparty auf der Edelweißspitze...

Die Bremstestwagen waren lästig, ansonsten verliefen die Nächte ohne Störung. Die Edelweißhütte hat sich als Astronomen-Unterkunft wieder einmal recht bewährt und kann empfohlen werden, vor allem dann, wenn man auf großen Wohnkomfort nicht allzu viel Wert legt, dafür aber günstige Preise, hilfbereite Wirtsleute und gutes Essen schätzt.

Brennkogel mit Fahne
Großglockner-Hochalpenstraßen-Flagge vor dem Brennkogel


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© 2020 Walter Koprolin