Teleskop-Kombi auf der Postalm
Geplant hatte ich meinen Astrofoto-Aufenthalt im September 2022 eigentlich für 3 Nächte. Für gewöhnlich gibt es im September nämlich eine stabile spätsommerliche Hochdruck-Wetterlage mit klaren Nächten. Nicht so im September 2022, da gab es mehrere durchziehende Kaltfronten und viel Regen. Gut für die Natur nach dem trockenen Sommer, aber weniger gut für uns Astronomen. Kurz vor Neumond besserte sich die Wettersituation dann aber doch noch, ein kurzes Zwischenhoch kündigte sich an, das zwei, drei Tage halten sollte. Letztendlich blieb es dann aber doch bei nur eine klare Nacht, die ich astrofotografisch nutzen konnte.
Wie schon im Vorjahr hatte ich das "Tinyhouse" auf der Postalm gemietet, eine kleine Selbstversorger-Hütte, eigentlich ein aus Holz gebautes Mobilheim, das permanent am Parkplatz des Skigebietes abgestellt ist. Strom, Wasser und (mäßiges) WLAN sind vorhanden, und das Tinyhouse ist von der Größe her für eine Person mehr als ausreichend. Bei der Astrofotografie schätze ich Unabhängigkeit, und die ist mit dem Tinyhouse gegeben.
Die Postalm liegt im Salzkammergut südlich oberhalb des Wolfgangsees. Sie ist das größte Almgebiet in Österreich, und wird im Sommer als Viehweide und Wandergebiet genutzt, insgesamt 12 Hütten stehen dann dem Wanderer offen. Im Winter gibt es ein kleines Skigebiet auf einem Teil der Alm. Die Alm liegt auf 1200-1600 Meter Seehöhe und îst von mehreren Bergen umgeben. Der Name des Almgebietes geht zurück auf den Hotelier und Postmeister Franz Koch, er war im 19. Jahrhundert Betreiber des Postverkehrs zwischen Bad Ischl und der Stadt Salzburg. Er kaufte einen Teil der Alm und nutzte sie als Sommerweide für seine "Post"-Pferde.
Aus astronomischer Sicht ist die Postalm ein einigermaßen bekannter Beobachtungsplatz. Sowohl visuelle Beobachter als auch Astrofotografen schätzen den dunklen Himmel über der Alm. Nach Light Pollution Map erreicht der Standort Bortle Class 3 mit einer Hintergrundhelligkeit von 21.84 mag/arcsec2 im Zenitraum im Bestfall.
Die Anreise zur Postalm führt mich den Traunsee entlang, als Zwischenstopp bot sich wie schon im Vorjahr das malerisch gelegene Traunkirchen an.
Klassischer Blick auf den Johannesberg und den Traunstein (1575m, im Hintergrund)
Wanderung bei Traunkirchen: Traunstein von der Bräuwiese aus gesehen, Segelboote, Johannisberg und Traunstein, Bavaria-Yacht mit Erlakogel im Hintergrund, Teleaufnahme: Johannisberg und Traunsein
Bei der Auffahrt zur Postalm überraschten mich weiß leuchtende Gipfel: Es hatte in den Tagen zuvor geschneit, und der Schnee war über 1600m Seehöhe liegen geblieben.
Blick auf den verschneiten Labenberg (1642m), den ich am nächsten Tag bestiegen habe
Das "Tinyhouse" auf der Postalm ist ein kleines Holzhaus auf Rädern, das neben den Ski-Betriebsgebäuden am zentralen Parkplatz 1 auf der Postalm permanent abgestellt ist. Es ist mit 2 Schlafzimmern, einem Badezimmer, einem Essbereich, einer Küchenzeile und einer Terrasse ausgestattet. An die Terrasse angebaut ist jetzt neu eine Sauna in Faßform, ebenfalls auf Rädern. Strom und Wasser sind vorhanden, Internet steht aber nur in Form des allgemeinen Postalm-Skizentrum-WLANs mit schlechtem Empfang beim Tinyhouse zur Verfügung. Theoretisch könnten 4 Personen darin übernachten, in der Praxis wird es bei mehr als 2 Personen wahrscheinlich ziemlich eng. Für meine Bedürfnisse war das Mini-Haus jedenfalls gut geeignet.
Meinen Beobachtungsplatz wählte ich wie schon im Vorjahr an der Südseite meiner Unterkunft. Ein Stromkabel aus der Essecke war schnell gelegt. Zum Einsatz kam eine ganze Kombination an neuen und alten Optiken, die alle auf meiner ebenfalls neuen EQ6-R Montierung aufgesattelt sind:
Teleskop-Kombi bereit für die Astrofotografie
(Ja, da braucht es viele Kabel: Zwei pro Kamera und noch eines pro Teleskop für die Beheizung gegen Taubeschlag.)
Zusätzlich habe ich eine weitere DSLR mit 18 mm Objektiv auf einem separaten Fotostativ aufgebaut, um so eine Zeitraffer-Filmsequenz des Südhimmels inklusive verschneitem Braunedelkogel (1894m) im Vordergrund zu generieren.
Kamera bereit für Zeitraffer-Aufnahmen mit Heizmanschette um das Objektiv
Zeitrafferaufnahme: Südhimmel mit verschneitem Braunedelkogel (1894m) im Vordergrund (YouTube-Link) von der Abenddämmerung bis zum Beschlagen des Objektivs mit Milchstraße, Saturn und Jupiter.
Links unten das Dach eines Ski-Betriebsgebädes, da drinnen leuchtet eine oranges Licht.
Mein Aufnahmeobjekt war in dieser Nacht vdB 152, ein lichtschwacher Reflexionsnebel im Sternbild Cepheus mit seiner Umgebung, die zusätzlich von Emissions- und Dunkelnebeln durchzogen wird. Eine interessante Gegend, in der man bei dunklem Himmel und mit langen Belichtungszeiten zahlreiche Details abbilden kann. Das war ein Objekt für die ganze Nacht mit allen Rohren. Die Aufnahmen liefen sowohl am Teleskop als auch am parallel montierten Teleobjektiv ohne Unterbrechung semi-automatisch bis zur Morgendämmerung, währenddessen habe ich in mich im Tinyhouse schlafen gelegt.
Der "Wolfshöhlennebel" van den Bergh 152 und umgebende Nebel im Cepheus, aufgenommen mit der Teleskop-Kombi.
Eine Kombination aus Aufnahmen von der Postalm und Aufnahmen von der Steyersberger Schwaig. Das zweite Foto wurde mit dem 135mm Teleobjektiv, das am
Wright-Newton montiert war, aufgenommen. Deep-Sky Objekte und Sterne sind beschriftet.
Als ich am nächsten Morgen nach meinen Teleskopen schaute, war alles tropfnass und leicht angeeist wegen der hohen Luftfeuchtigkeit und Temperaturen um 0°C in der 2. Nachthälfte. Auch alle Optiken mit Frontlinsen waren trotz Beheizung beschlagen. Dadurch waren die meisten Aufnahmen ab etwa 01:30 leider unbrauchbar, ich musste sie aussortieren. Mit den beschlagenen Optiken konnte ich nicht einmal Flatfield-Aufnahmen machen, dazu mussten die Optiken erst mal abtauen. Die Flatfields konnte ich daher erst aufnehmen, als die Sonne hoch genug stand, um die Optiken alle abzutauen.
Freitag, der 23. September, begann wolkenlos und mit sehr guter Fernsicht. Zeit für eine Bergtour! Mein Ziel war der 1642 Meter hohe Labenberg, auf dessen Kuppe noch Schnee lag, und der eine gute Rundumsicht bietet. Ich wählte den Auf- und Abstieg über die Rosserhütte und die Labenbergalm, wo gerade Almabtrieb herrschte, die Kühe wurden per LKW abgeholt.
Aufstieg zum Labenberg: Rosserhütte und Braunedelkogel (1894m), Labenbergalmhütte, Weicher Schnee nahe dem Gipfel
Am Gipfel: Gipfelkreuz, Panorama (Totes Gebirge, Braunedelkogel, Gamsfeld und Dachstein), Selbstportrait
Abstieg: Blick zum Dachstein (2995m), Rosserhütte
Zurück in meinem kleinen Holzhaus kochte ich mir ein spätes Mittagessen, bevor ich ins Bett schlüpfte, um fit für die nächste Nacht zu sein.
Als ich Abends aus dem Fenster schaute, war der Himmel voller Schleierwolken. Das kam nicht überraschend, die Wetterprognose hatte das so angekündigt. Das kurze Zwischenhoch war vorbei, und die nächste Front kündigte sich an. Da die Prognose auch keine Besserung versprach, sondern im Gegenteil sogar Regen für Samstagabend ankündigte, beschloß ich meinen diesjährigen Astrourlaub zu verkürzen. Die Teleskope baute ich schon mal ab und verstaute alles im Auto, bevor die Ausrüstung wieder feucht wurde. Wegen der Wolken war leider keine Astrofotografie und auch keine visuelle Beobachtung möglich.
Der Samstag war anfangs noch einigermaßen sonnig, später wurden die Wolken immer dichter. Eine Rundwanderung am Vormittag führte mich bis zur Postalmkapelle, die sich nahe der historischen Postalmhütte befindet und 1865 anlässlich des Besuches der Kaiserin Elisabeth von Österreich errichtet wurde.
Nach dem Mittagessen packte ich meine Siebensachen und wollte mich gerade auf den Heimweg machen, als eine größere Zahl an Sportwagen von Abtenau auf die Alm heraufkam. Die Veranstaltung nannte sich "THE SOUND OF SPORTSCARS by Kaffee & Kurven Vol. 6" und war als "atemberaubender Saisonabschluß der Sportwagen-Szene" angekündigt. Da musste ich noch ein wenig gustieren und ein paar Fotos machen 😀
Sportwagen auf dem Parkplatz 1 der Postalm
Fazit: Ja, die Postalm bietet immer noch einen guten Alpenhimmel. Es gibt dort sicher auch gute Standorte für Astrofotografen, aber mein Standplatz beim Tinyhouse am Rand des Parkplatzes 1 (das ist der beim Skizentrum) zählt leider nicht mehr dazu. Einerseits ist dort die hohe Luftfeuchtigkeit, die über kurz oder lang alle Optiken beschlagen lässt, ein beständiges Problem, andererseits gibt es zunehmend mehr Lichtverschmutzung auf diesem Parkplatz. Die beiden Betriebsgebäude haben nämlich neu "Sicherheitslichter" bekommen, die die ganze Nacht hindurch in den Gebäuden leuchten und die Fenster erhellen. Als wäre das nicht schon schlimm genug, gibt es einen neuen Automaten vor den Betriebsgebäuden, bei dem man einerseits Skitickets und andererseits Parkkarten für die Übernachtung am Parkplatz (gedacht für Campingbusse) beziehen kann. Dieser Automat leuchtet die ganze Nacht hindurch.
Dem gegenüber stehen die Vorteile des Tinyhouses. So eine kleine Selbstversorger-Hütte bietet schon eine Menge Unabhängigkeit für einen Astrofotografen. Das ist ein ganzes Stück mehr an Freiheit, als wenn etwa ein Berggasthof als Unterkunft dient. Ja sicher hat man keine Vollpension, aber selbst mein Bett zu machen und selbst zu kochen stört mich nicht, und wer das nicht mag, der hat auf der Postalm reichliche Auswahl in den Almhütten.
Ich hatte diesmal leider weniger Glück mit dem Wetter, und konnte nur eine von drei geplanten Nächten nutzen. Die hohe Luftfeuchtigkeit behinderte mich in dieser einen Nacht noch zusätzlich, da selbst eine Beheizung der Optiken den Beschlag mit Tau und Eis nicht verhindern konnte.
Insgesamt war's trotz der Kürze ein netter Astro- und Wanderurlaub. Mal sehen wo es mich nächstes Jahr hin verschlägt!
Walter
Dachstein knapp über den Bäumen