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XVI. Astroexpedition ins Glocknergebiet

9.-12. September 2018

Tests: Alpha Tauri 200/1000 Foto-Newton und ZWO ASI294MC Pro Farb-CCD-Kamera

Link zu Howdiis Kommentar zu diesem Bericht

Großglockner
Der Großglockner mit seinen noch verbleibenden Gletschern in der Nordwand

Zum September-Neumond 2018 hat es mich wieder auf die Großglockner-Hochalpenstraße gezogen, zum vielleicht besten Deep-Sky Himmel, den Österreich zu bieten hat. Und es versprach spannend zu werden: Mein Freund und Astrohändler Wolfgang "Howdii" Howurek stellte mir seinen brandneuen, selbst geplanten und zusammengebauten Alpha Tauri 200/1000 Foto-Newton zum Testen zur Verfügung. Auf den war ich natürlich mächtig gespannt, denn wenn Howdii schon ein Teleskop baut, das ganz auf meiner Linie als Astrofotograf liegt, dann "muss" ich das schon mal ausprobieren...

Es sollte dann sogar ein doppelter Test werden, denn knapp vor meiner Abfahrt traf auch noch eine neue CMOS-Kamera ein: Die ZWO ASI294MC Pro Color, das ist jene Kamera, die den vielversprechenden Sony IMX294CJK Sensor eingebaut hat, "back illuminated", hochempfindlich, 75% Quanteneffizienz in grünen Spektralbereich, leistungsstarke Peltierkühlung 35°C unter Umgebungstemperatur - whow! Die sollte meine bisherigen CCDs "alt" aussehen lassen.

ZWO ASI294MC Pro Color im Alpha Tauri Foto-Newton
ZWO ASI294MC Pro Color im MoonLite-Fokussierer des Alpha Tauri Foto-Newton, dazwischen steckt ein zweilinsiger TS 0.95x Komakorrektor mit den passenden Distanzhülsen

Es ist ja nicht so, dass ich die letzten Jahre astrofotografisch auf der faulen Haut gelegen wäre, nein, wirklich nicht. Ich war sogar zweimal auf der Glocknerstraße, hatte aber großes Wetterpech: Einmal überwiegend bewölkter Himmel, einmal sogar Schneefall - und das im Juli! Wie auch immer, dieses Jahr schien die Angelegenheit sicherer: Ein stabiles Spätsommer-Hoch baute sich Anfang September auf und wollte gar kein Ende nehmen.

Unter dem Foto-Newton sollte meine bewährte OTE-150 Montierung arbeiten. Da ich mich dann doch nicht ganz allein auf den brandneuen Foto-Newton verlassen wollte, hatte ich auch noch meinen bewährten Exoten, den 125/475 JSO LS12 Wright-Newton, als Backup dabei. Der ist ebenfalls für die Astrofotografie konstruiert, obwohl ihn einer meiner Vorgänger auf "visuell" umgebaut hat, und ich hin und wieder gerne mal einen Blick (mit Okular) hindurch werfe. Und da so lange Fotosessions nun mal etwas fad sind, hatte ich noch ein zweite Montierung für die visuelle Beobachtung dabei: Meine gute alte Vixen GP-DX. Und weil dann noch Platz im Auto war, kam auch noch der 105/650 TMB Refraktor mit, ausschließlich für die visuelle Beobachtung.

Den Alpha Tauri Foto-Newton hatte ich schon vorab auf der heimischen Terrasse zu einem kurzen Test in einer windigen Vollmondnacht. Dabei stellte sich heraus, dass die Justierung des Auszugs nicht optimal war, was Howdii zu einem "Teleskopservice" veranlasste. Als ich den Newton vom Service abholte, war ich ziemlich optimistisch, dass er mir auf meiner Astroexpedition gute Dienste leisten würde.

Ein Wort der Warnung voraus: Der Alpha Tauri Foto-Newton ist ein Prototyp. Bei Prototypen muss mit dem einen oder anderen Problem gerechnet werden, das dann in der eventuell folgenden Serienproduktion behoben sein wird. Dazu macht man ja diese Testsessions. Und dann war da noch das neue CCD, das ich erst mal kennenlernen musste. Die Wahrscheinlichkeit, dass nicht alles glatt laufen würde, war also hoch.

So, genug der Vorbereitung, jetzt aber los. Start zu meiner Astroexpedition war am Sonntag, den 9. September, und zwar früh genug, so dass ich noch einen Zwischenaufenthalt einplanen konnte. Die Region um den Hochkönig (nördliche Kalkalpen) bot sich an, nur etwa eine Autostunde vom Glocknergebiet entfernt. Oberhalb von Mühlbach, pittoresk unter der Mandlwand gelegen, steht das Arthurhaus in 1500m Seehöhe. Mir ist es wohlbekannt von früheren Astrotouren - einmal habe ich am Parkplatz unweit vom Arthurhaus eine Nacht lang Astro-fotografiert.

Mandlwand Arturhausr Bronzeadler Alternativer metallischer Vogel
Mandlwand, Arturhaus, Bronzeadler, und ein etwas anderer metallischer Vogel

Es blieb mir sogar noch Zeit für eine leichte Wanderung, die mich vom Arthurhaus auf den Hochkeil führte, das ist ein Aussichtsberg mit Blick über den gesamten Pongau mit Tennengebirge, Dachstein, Niedere und Hohe Tauern, und natürlich auf den nahen Hochkönig mit seinen steilen Südwänden.

Mandlwand Aufstiegsweg Am Hochkeil
Wanderung auf den Hochkeil (1728m), im Hintergrund stets die Mandlwand

An der Glocknerstraße traf ich schließlich um 17:30 ein. Die Almwiesen in den Hohen Tauern präsentierten sich grün-braun, hier hatte es schon lange nicht mehr geregnet. Die verbleibenden Gletscherreste in den Nordwänden der 3000er sahen nach dem heißen Sommer ziemlich traurig aus. Bald wird davon wohl gar nichts mehr übrig sein.

Nordseite: In der Hexenküche Südseite: Panorama vom Hochtor zur Schobergruppe
Auf der Glocknerstraße: Nordseite: In der Hexenküche, Südseite: Panorama vom Hochtor zur Schobergruppe

Das Wallackhaus liegt in ca. 2300m Höhe auf der Südseite, in Kärnten, etwa 200m unter dem Passübergang Hochtor. Es wird als Hotel geführt, und ist unter Amateurastronomen wohlbekannt. Wer meine Berichte kennt, weiß, dass ich dort schon so manche denkwürdige Astronacht verbracht habe. An der Südseite des Hauses befindet sich ein Parkplatz, der teils mit Schotter, teils mit Pflastersteinen ausgelegt ist. Dort ist man vor dem häufig auftretenden Fallwind vom Hochtor herunter geschützt, hat die Annehmlichkeiten eines Berghotels zur Verfügung, muss dafür allerdings Einiges an Licht vom Haus her in Kauf nehmen. Bis 22 Uhr gibt es Gastbetrieb, dann werden wenigstens die Lichter in der Gaststube abgedreht. Die schwache Gangbeleuchtung in den oberen Fenstern brennt die ganze Nacht hindurch. Mit Nachtschwärmer und Zigarettenrauchern muss man am Parkplatz vor dem Haus ebenfalls rechnen.

Blick vom Hochtor zum Wallackhaus Wallackhaus: Südseite mit Parkplatz
Blick vom Hochtor zum Wallackhaus; Wallackhaus: Südseite

Das Wallackhaus wird von der Familie Wallner geführt, die mich als altbekannten Gast begrüßte. Mir wurde ein Stromanschluss in der Garage zur Verfügung gestellt, die allerdings an der Ostseite des Hauses liegt. Nur dort wollte ich wegen des Fallwindes und des nahen Straßenverkehrs partout nicht stehen. Mit Verlängerungskabel und meiner mitgebrachten Kabeltrommel reichte es dann doch bis zu meinem bevorzugten Standplatz am Schotterparkplatz auf der Südseite. Ein weiterer Pluspunkt war, dass ich den hinter der Eingangstüre gelegenen Bergschuh-Raum als Lager für gerade nicht benötigte Ausrüstung verwenden konnte.

Die erste Nacht versprach klar zu werden: Zwar gab es noch eine Menge dünner Wolken, aber die waren in Auflösung begriffen. Vom Hochtor herunter pfiff am Abend ein scharfer Wind, der sich zu meiner Überraschung mit dem Ende der Dämmerung vollständig legte. Inzwischen hatte ich den Alpha Tauri Foto-Newton auf meine schwere OTE-150 Montierung gehievt und diese eingenordet. Die Justierung hat den Transport anscheinend ganz gut überstanden, zumindest zeigte das der Laser direkt im 2" Auszug. Als es jedoch später ans Fokussieren der Komakorrektor-Kamera-Kombination ging, war dann doch nicht alles in Ordnung: Der Fangspiegelschatten erschien weder intra- noch extrafokal so richtig zentral. Ich versuchte das auszujustieren, aber das gelang mir nicht. Mit der leichten Dejustierung musste ich in dieser Nacht also leben.

Die neue ZWO ASI Kamera stellte mich ebenfalls vor Herausforderungen. Funktional schien alles in Ordnung, aber welches gain sollte ich einstellen? Es gibt drei vordefinierte Settings: "Highest Dynamic Range" (gain 0), "Unit Gain" (gain 120) und "Lowest Read Noise" (gain 360). Zuerst versuchte ich es mit gain 360, aber die Abbildung gefiel mir gar nicht: Da war schon nach 3 Minuten die Saturation im ganzen Bild erreicht, und die Sterne waren bei weniger Belichtung deutlich zu dick. "Unity Gain" 120 war schon besser, aber am Allerbesten gefiel mir "Highest Dynamic Range" (gain 0), dann da gab es bei 5 Minuten Belichtungszeit kaum saturierte Sterne, ein gut belichtetes Objekt (der Emissionsnebel M17) und einen sauberen und wenig verrauschten Hintergrund. Für meine relativ langen Belichtungszeiten (5-10 Minuten pro Aufnahme) war "Highest Dynamic Range" das Beste der vordefinierten Settings, wobei hier sicherlich noch Optimierungspotential besteht.

Bald darauf stellte ich ein zweites Problem mit dem Foto-Newton fest: Fast die Hälfte der Aufnahmen zeigte verbeulte oder längliche Sterne, so, als würde ein Nachführproblem vorliegen. Irgendwas bewegt sich da, aber was? Eine rasche Untersuchung von 8x50 Sucher mit Autoguider, Sucherhalter, und Tubus brachte kein Resultat: Alles steif. Wind oder schlechtes Seeing konnte ich ebenfalls ausschließen. Was war da los? In dieser Nacht blieb dieses Problem leider ungelöst.

Das dritte Problem betraf die ZWO ASI Kamera, sie schaffte zwar zunächst die versprochene Kühlung des Sensors auf -35 Grad unter Umgebungstemperatur recht locker, erwärmte sich dann aber anscheinend im laufenden Betrieb. Ich hatte sie auf -25°C eingestellt, effektiv hielt sie die Sensortemperatur auf Dauer aber nur bei -24.2°C, und das bei 100% Leistung, die ganze restliche Nacht hindurch.

Die Bedingungen in dieser ersten Nacht waren ziemlich gut. Im Zenitraum abseits der Milchstraße maß ich eine Himmelshelligkeit von 21.5 mag/arcsec2 mit dem Sky Quality Meter SQM-L, das Seeing im Zenitraum maß ich mit dem CCD auf 1.9" FWHM am (nicht saturierten) Stern. Der untere Südhimmel war aufgehellt, dort sieht man schon die Lichtglocke von Mailand, aber darüber war die Milchstraße gut strukturiert. Die Dreiecksgalaxie M33 war indirekt freisichtig zu sehen. Es war trocken und die Temperaturen fielen bis auf 1°C knapp vor Beginn der Morgendämmerung. Meine Fotoziele in dieser Nacht waren M17, der Omeganebel im Schützen, IC 5146, der Kokon-Nebel im Schwan und NGC 7023, der Irisnebel im Kepheus. Allesamt bekannte und relativ einfache Fotoziele, aber gut für die Eingewöhnung an das neue Teleskop und die neue Kamera.

M17 IC 5146 NGC 7023
M17, der Omeganebel, IC 5146, der Kokon-Nebel und NGC 7023, der Irisnebel, meine ersten Aufnahmen mit dem Alpha Tauri Foto-Newton und der ZWO ASI Kamera

Ich hatte noch zwei weitere Kameras in Betrieb: Am Gegengewichtsarm der Montierung lief meine altbewährte Canon 350D (astromodifiziert mit Baader UV-IR-Cut-Filter) mit einem 135mm Teleobjektiv mit. Diese DSLR ist 12 Jahre alt, läuft aber nach wie vor hervorragend. Und auf einem Stativ war die nicht astromodifizierte Nikon D7000 mit Zoomobjektiv (18mm waren eingestellt) für Zeitraffer-Aufnahmen des Südhimmels im Einsatz.

M16, M17, M18, M24 IC 5146, M39, NGC 7082 and NGC 7209 NGC 7023
Teleaufnahmen der ersten Nacht:
M17, der Omeganebel, IC 5146, der Kokonnebel und NGC 7023, der Irisnebel jeweils mit umgebenden Sternfeld

Zeitrafferaufnahme 1. Nachthälfte Zeitrafferaufnahme 2. Nachthälfte
Zeitrafferaufnahmen der ersten Nacht (die Bilder sind YouTube-Links):
1. Nachthälfte ab Abenddämmerung Richtung Süden, 40 Sekunden Pause zwischen den Aufnahmen, daher etwas "ruckelig". Weißabgleich für Sonnenlicht, Farbe und Helligkeit unverändert.
2. Nachthälfte bis zur Morgendämmerung Richtung Süden, 1 Sekunde Pause zwischen den Aufnahmen.

Die Nacht endete, wie sie begonnen hatte: Mit der Dämmerung kam Nordwind auf, und dieser brachte dünne Wolken. Zufrieden mit den Erlebnis und der Ausbeute baute ich meine Teleskope ab und ging zu Bett. Da war es 6 Uhr morgens.

Kurz nach 8 war ich bereits wieder auf, denn Frühstücksbuffet gibt es im Wallackhaus nur bis 9 Uhr. Danach ging es aber gleich wieder ins Bett. Erst am Nachmittag raffte ich mich zu einem Besuch der Kaiser-Franz-Josefs-Höhe auf. Am untersten Parkplatz No. 1 der gibt es als Erweiterung eine Schotterfläche für Campingbusse, die ich schon ein paar Mal für Teleskop-Beobachtungen des Glockners genutzt habe. Dort baute ich also den Alpha Tauri Foto-Newton auf und gönnte mir und ein paar zufällig vorbeikommen Gästen das Vergnügen, den Bergsteigern beim Besteigen des Glockners zuzuschauen. Danach was noch Zeit für ein paar Bergfotos mit 1m Brennweite im Primärfokus des Newtons (ohne Komakorrektor).

Großglockner von Parkplatz Nr. 1 aus gesehen Alpha Tauri Foto-Newton vor dem Glockner
Großglockner von Parkplatz Nr. 1 aus gesehen; Alpha Tauri Foto-Newton vor dem Glockner

Traurig schaut der Glockner aus. Das Glocknerleitl, der Normalzugang zum Glockner, ist beinahe vollständig abgeschmolzen. Wer heute auf den Gipfel will, muss über Felsen klettern, die früher noch vom Eis bedeckt waren.

Großglockner (200mm Teleaufnahme)
Kleinglockner, Großglockner und Teufelshorn (200mm Teleaufnahme)

Klein- und Großglockner Murmeltierbeobachtung Teufelshorn Gletscherzunge Hoffmannskees Gletscherzunge Hoffmannskees
Fotos durch den Alpha Tauri Newton im Primärfokus: Klein- und Großglockner; Gäste bei der Murmeltierbeobachtung; Teufelshorn; 2 Gletscherzungen des Hoffmannskees

Zurück am Wallackhaus bereitete ich mich für die kommende Nacht vor. Nordwind und Schleierwolken machten mir wenig Sorgen, die würden sich mit der Abenddämmerung schon auflösen. Ich wollte es noch einmal mit dem Alpha Tauri probieren. Mit Howdii stand ich natürlich in Kontakt und habe von ihm den folgenden Tipp bekommen: Tubus waagrecht zu legen, Auszug nach oben, Fokussierer-Rotations-Klemmschraube auf, entspannen, und Klemmschraube dann nicht zu fest wieder anziehen, um eine eventuelle Schieflage des Auszugs zu beheben. Das tat ich auch und korrigierte anschließend mit dem Cheshire Justierokular die Justierung so lange, bis mir die Fadenkreuze gut zentriert und überlagert vorkamen. Abends korrigierte ich mit dem Laser noch ein klein wenig nach. Das behob die beim Fokussieren wahrgenommene Fehljustierung zwar nicht vollständig, extrafokal war der Fangspiegelschatten immer noch nicht ganz zentrisch, aber es war schon besser als in der ersten Nacht. Gegen die Nachführprobleme empfahl Howdii eine höhere Aggressivität am Autoguider einzustellen.

Der Wind legte sich zwar wirklich, allerdings war diese 2. Nacht nicht vollkommen wolkenlos, es zogen immer wieder dünne Schleierwolken über den Himmel, aber dazwischen gab es auch große Lücken. Im Großen und Ganzen war also auch das eine gute Nacht, die ich bis zur Morgendämmerung nutzte. Fotoziele waren diesmal M20, der Trifinebel, NGC 6995, der Cirrus-Bogen und NGC 7635, der Bubble-Nebel, alle ähnlich bekannt und relativ einfach wie die Fotoziele der ersten Nacht.

M20 NGC 6992/5 NGC 7635
Deep-Sky Astrofotos der zweiten Nacht:
M20, der Trifidnebel, NGC 6992/5, der Cirrus-Bogen und NGC7635, der Blasennebel mit dem Alpha Tauri Foto-Newton und der ZWO ASI Kamera

Saturn, M8, M20 NGC 6960, NGC 6974, NGC 6979, NGC 6992, NGC 6995, IC 1340
Teleaufnahmen der zweiten Nacht:
Saturn, Trifid- und Lagoonnebel; Cirrusnebel jeweils mit umgebenden Sternfeld

Zeitrafferaufnahme 1. Nachthälfte
Zeitrafferaufnahme der zweiten Nacht (das Bild ist ein YouTube-Link):
1. Nachthälfte ab Abenddämmerung Richtung Süden. Die von Nord nach Süd durchziehenden Schleierwolken sind vor allem am tiefen Südhimmel gut zu erkennen, da sie dort von unten beleuchtet werden.

Während die Fotos halbautomatisiert liefen, baute ich meine Zweitmontierung auf, die gute alte Vixen GP-DX. Dort setze ich den Wright-Newton drauf und nutze diesen visuell, wofür er eigentlich nicht gebaut ist, was er aber trotzdem ganz gut kann, mit nadelfeinen Sternen quer über?s Gesichtsfeld meiner Televue Panoptik und Nagler-Okulare. Was ich mir ansah? Zunächst meine Fotoobjekte, dann ein paar der größeren Nebel in der Milchstraße: Cirrus- und Nordamerikanebel mit dem UHC-Filter. Anschließend noch Andromeda- und Dreiecksgalaxie ohne Filter. Genußspechtln halt.

Die von Howdii empfohlene höhere Aggressivität am Autoguider zeigte leider nicht die gewünscht Wirkung. Immer noch waren die Sterne auf ca. 50% der Aufnahmen mehr oder weniger in die Länge gezogen. Ich beobachte das Autoguiding am Display der MGEN genau: Da lief alles perfekt, die Guiding-Abweichungen betrugen nie mehr als 0.3 Pixel. Trotzdem zeigten die Aufnahmen am Alpha Tauri Newton mal mehr, mal weniger langgezogene Sterne, abhängig offenbar von der Teleskoplage: In geringeren Höhen waren die Sterne deutlich mehr in die Länge gezogen. Hier lag ein Problem irgendwo zwischen Guiding- und Aufnahme-CCD vor: Etwas bewegte sich. Mir fiel ein, dass ich ein ähnliches Problem mit meinem 9.5" Newton gehabt hatte, dort war die Ursache der Hauptspiegel gewesen, der sich in seinen Halteklammern seitlich bewegen konnte. Sollte hier ein ähnliches Problem vorliegen? Ich nahm mir vor, die Spiegelzelle bei Tageslicht zu untersuchen, obwohl Howdii geschrieben hatte, er habe die seitlichen HS-Halteklammern so eng eingestellt, dass "nicht mal ein Blatt Papier dazwischen passt".

Die Aufnahmen mit der Canon 350D liefen diesmal auch nicht ganz problemlos: Die Batterie des Kabelauslösers war leer, zum ersten Mal seit 12 Jahren! Da mir das noch nie passiert ist, hatte ich auch keine passende Ersatzbatterie dabei. Also musste ich die Fotos von Hand auslösen, indem ich alle 10 Minuten auf den Knopf am Kabelauslöser drückte, was auf Dauer ziemlich langweilig wird.

Als ich gegen Mittag des dritten Tages aus dem Bett kam, galt meine erste Aufgabe der Untersuchung des Alpha Tauri Newtons. Ich griff von hinten in die Spiegelzelle (das tue ich bei fremden Teleskopen sonst nicht, aber hier galt es einem Problem auf die Spur zu kommen) und tatsächlich: Der Hauptspiegel ließ sich ohne Anstrengung hin- und herschieben, wackelte auch ein wenig auf- und abwärts, er lag nur locker in seinen Halteklammern und wurde auch von der 9-Punkt-Auflage nicht ausreichend fixiert. Das erklärt natürlich beide Probleme: Wenn der Spiegel bei jeder Lageänderung hin- und herrutscht, kann weder die Justierung erhalten bleiben, noch kann die Nachführung am Sucher diese Bewegungen kompensieren. Da hat sich wohl beim Transport was gelockert. Schade, dass ich das Problem erst so spät fand, aber mit meiner beschränkten Ausrüstung vor Ort hätte ich diesen Fehler sowieso nicht zufriedenstellend beheben können. Das Teleskop musste zurück zu Howdii zu einem weiteren "Service".

Nachdem ich die Ursache für meine Probleme mit dem Newton gefunden hatte, unternahm ich eine einfache Wanderung unten im Kleinfleißtal: Es ging zu Fuß von der Fleißkehre bis zum Goldgräberdorf beim Gasthaus "Alter Pocher". Hier wurde bis zum 2. Weltkrieg Gold, Silber und andere Edelmetalle aus dem Kleinfleißbach gewaschen, der von der Goldberggruppe herunterkommt, die diesen Namen nicht umsonst trägt. Heute ist das Goldgräberdorf eine Attraktion für Ausflügler, die hier nach uralter Methode im seichten Fluss stehend mit der Goldpfanne das Wasser sieben dürfen. Umweltschädliches Quecksilber oder Scheidewasser, die einst zu Anwendung kamen, werden natürlich nicht mehr verwendet.

Im Kleinfleißtal Goldgräberdorf Heiligenblut
Wanderung im Kleinfleißtal (im Hintergrund der Hohe Sonnblick), Goldgräberdorf Heiligenblut

Neben dem Goldgräberdorf interessierten mich die Wasserfälle an den steilen Seitenwänden des Tales. Von rechts her sprang das Wasser der Schwemmbäche in mehreren Stufen herab. Diese Wasserfälle waren scheinbar unzugänglich, nach kurzer Suche fand ich aber doch einen verborgenen Pfad zu einem von ihnen.

Schwämmbäche Am Wasserfall Beim Alten Pocher
Schwemmbäche an der rechten Talwand; am Wasserfall; beim "Alten Pocher"

Nach der Wanderung hatte ich noch etwas Zeit übrig, die ich zu einem weiteren Besuch der Kaiser-Franz-Josefs-Höhe nutzte, diesmal oben beim Parkhaus. Die Pasterze, Österreichs größter Gletscher, ist leider ein Dokument das Klimawandels. Kaum anderswo bemerkt man den Klimawandel so erschreckend deutlich wie hier, vor allem wenn man von Jahr zu Jahr wiederkommt. In den letzten Jahren spielte sich Dramatisches ab, die jährliche Schrumpfung der Pasterze beträgt eine Vielfaches des "Jahrhundertsommers" 2003. 2003 gingen 32m an Länge verloren, seit 2014 sind es 50-70m pro Jahr. Der See am Pasterzenboden hat sich in kurzer Zeit gebildet. Nach aktuellen Schätzungen wird die Gletscherzunge am Pasterzenboden bis 2040 verschwunden sein.

Panorama beim Parkhaus auf der Kaiser-Franz-Josefs-Höhe
Panorama beim Parkhaus auf der Kaiser-Franz-Josefs-Höhe

Überblick über die Pasterze und dne neu entstandenen See Schotter-/Eis-Inseln im See Schotter-/Eis-Inseln im See
Überblick über die Pasterze und den neu entstandenen See; kombinierte Schotter-/Eis-Inseln im See

Der Sandersee Inseln im Sandersee
Der Sandersee, den der Gletscher schon in den 1970er-Jahren freigegeben hat

Positiver stimmten da schon die Tiere rundum: Murmeltiere und Raben waren zu beobachten, in der Nähe des Wallackhauses weideten auch Schafe.

Murmeltier Murmeltier Rabe Rabe Schaf
Murmeltier, Rabe und Schaf

Zurück beim Wallackhaus bereite ich mich auf die dritte Nacht vor. Der Himmel sah ganz ähnlich wie am Tag zuvor aus - voller dünner hoher Schleierwolken. Die würden auch in der Nacht stören. Mond und Venus standen tief unten am Westhimmel, grad im Untergang hinter den Bergen begriffen.

Mondsichel knapp vor dem Untergang
Mondsichel knapp vor dem Untergang

Diesmal baute ich meinen 125mm Wright-Newton auf die OTE Montierung für die Astrofotografie mit der ZWO ASI Kamera auf, und den 105mm TMB Refraktor für die visuelle Beobachtung auf die GP-DX Montierung. In der späteren Dämmerung fanden sich einige interessierte Hausgäste ein, denen ich die drei jetzt noch sichtbaren Planeten zeigte: Jupiter, Saturn und Mars.

Die dritte Nacht war dann ganz ähnlich wie die Zweite: Windstill, trocken, fallende Temperaturen bis auf 4°C, moderates Seeing. Der Wright-Newton führte eindrücklich vor, wie Autoguiding am Sucher funktionieren soll: Vom Moment an, in dem man das Autoguiding einschaltet, bis zum Ausschalten, rührt sich der Stern am Imaging-CCD nicht vom Fleck. (Ok, bei genauer Auswertung der stundenlangen Serien stellte ich eine langsame Bildfeldrotation um den jeweiligen Leitstern fest, aber das ist der nicht ganz perfekten Einnordung geschuldet.) Klar ist der 125/475 Wright-Newton leichter und hat eine weit kürzere Brennweite als der 200/1000 Alpha Tauri Foto-Newton.

Fotoziele waren in dieser Nacht die IC 1284 Region im Schützen, NGC 7129 (ein Reflexionsnebel) im Kepheus und Sh2-155, der "Höhlennebel", ebenfalls im Kepheus. Also schon ein wenig anspruchsvollere Objekte. Für den Kabelauslöser der Canon-Kamera, die wieder am Gegengewichtsarm mitlief, hatte ich in Heiligenblut die passende Knopfzelle besorgt, die Serien auf der Kamera liefen also wieder automatisiert. Die dünnen Schleierwolken, die immer wieder durchzogen, störten hin und wieder die Aufnahmen, führten aber nicht zum Abbruch des Autoguidings.

NGC 7129 and NGC 7142 Sh2-155
Deep-Sky Astrofotos der dritten Nacht:
NGC 7129 und NGC 7142; Sh2-155, der Höhlennebel mit dem JSO Wright-Newton und der ZWO ASI Kamera

M17, M18, M24 Sh2-155
Teleaufnahmen der dritten Nacht:
M24, die kleine Sagittarius-Wolke, Sh2-155, der Höhlennebel und Umgebung

Zeitrafferaufnahme 1. Nachthälfte Zeitrafferaufnahme 2. Nachthälfte
Zeitrafferaufnahmen der dritten Nacht (die Bilder sind YouTube-Links):
1. Nachthälfte ab Abenddämmerung Richtung Südwesten, nur 10s Einzelbild-Belichtung, daher "flüssiger" aber weniger Sterne. Die dünnen Schleierwolken sind gut erkennbar.
2. Nachthälfte bis zur Morgendämmerung Richtung Südwesten

Da das nun aber schon die 3. Nacht in Folge war, und ich am nächsten Tag eine weite Heimfahrt vor mir hatte, legte ich mich einige Zeit nach Mitternacht zuerst im Auto und dann (als das zu kalt wurde) im Zimmer schlafen, und ließ die Aufnahmen einfach weiterlaufen, in vollem Vertrauen auf das Autoguiding. Nur zum Wechsel des Fotoobjekts stellte ich mir den Wecker. Die Fotos liefen problemlos bis zur Morgendämmerung, in der ich meine Geräte abbaute und alles im Auto verstaute.

Am 12. September gönnte ich mir nach dem Frühstück noch ein paar Stunden auf der Glocknerstraße, denn die Luft war ungewöhnlich transparent und das Sonnenlicht war intensiver als in den Tagen zuvor, und sorgte für harte Kontraste. Die verblieben Schleierwolken lösten sich nach und nach auf. Wie schade, dass ich schon heimfahren musste...

Gesteinskunde-Ausstellung Gesteinskunde-Ausstellung
Gesteinskunde-Ausstellung im Gegenlicht

Glockner, Sinewelleck und Fuscherkarkopf Glockner Flagge und Brennkogel
Am Fuschertörl: Glockner, Sinewelleck und Fuscherkarkopf; Glockner mit 200mm Teleobjektiv; Flagge der Hochalpenstraße vor dem Brennkogel

Naturkundehaus vor Hoher Dock, Bratschenkopf und Großem Wiesbachhorn Panorama Glocknergruppe Großes Wiesbachhorn hinter Baeumen
Abschied von der Glocknerstraße; Naturkundehaus vor Hoher Dock, Bratschenkopf und Großem Wiesbachhorn; Panorama der Glocknergruppe; Großes Wiesbachhorn hinter Bäumen

Fassen wir zusammen: Dieses Jahr hatte ich Glück mit dem Wetter, ein so stabiles Hoch, das drei klare Nächte in Folge erlaubt, gibt es selten. Ja, in der zweiten und dritten Nachte zogen immer wieder dünne Wolkenschleier durch, diese störten die Aufnahmen und visuellen Beobachtungen aber nicht übermäßig. Das Wallackhaus hat sich als Astronomen-Unterkunft wieder einmal bewährt, mit kleinen Einschränkungen wegen Licht aus den Fenstern und Frühstücksbuffet nur bis 9 Uhr. Mit dem Alpha Tauri Foto-Newton bin ich leider nicht wirklich "gut Freund" geworden, trotz brauchbarer fotografischer Performance. Es waren vor allem drei Probleme, die mich störten:

  1. Der rutschende Hauptspiegel mit seiner unzureichenden Spiegelzelle;
  2. Der Fokussierer: Der MoonLite sieht zwar gut aus, aber Rotation an der Basis ist mit dem MoonLite nicht möglich, ohne die Justierung zu verlieren;
  3. Das Flatfield: Eine Ecke zeigt ziemlich starke Vignettierung

Howdii hat seinen Foto-Newton also zurückerhalten und inzwischen die Spiegelauflage von 9-Punkt auf 3-Punkt umgebaut, bei besserer seitlicher Halterung des Hauptspiegels. Da sollte sich jetzt nichts mehr bewegen wenn man das Teleskop herumschwenkt. Aber das soll er euch selber erzählen. Vielen Dank jedenfalls an Howdii, dass er mir seinen Eigenbau für diese Astroexpedition zur Verfügung gestellt hat!

Das Erwärmungsproblem der ASI294MC Pro habe ich dem Verkäufer gemeldet, der es seinerseits an den Hersteller ZWO weitergeleitet hat. Dessen Antwort war lediglich, dass die "294" nur 35 Grad unter Umgebungstemperatur erreicht, ich soll doch mit höheren Temperaturen arbeiten. Hmja, da wird noch zu untersuchen sein, ob die 35 Grad Temperaturdifferenz im Dauerbetrieb auch wirklich gehalten werden können. Ich meine es waren eher nur zwischen 25 und 30 Grad. Jedes Grad kühler ist ein Gewinn im Kampf gegen das thermische Rauschen.

Der Himmel über der Glocknerstraße war schon mal besser. Ok, 21.5 mag/arcsec2 im Zenitraum ist nicht schlecht, aber die feine Himmelsqualität mit extrem reich strukturierter Milchstraße, wo es zwischen den Sternen wirklich dunkel ist, wie ich das von früheren Astro-Expeditionen her kenne, das fehlte mir. Außerdem muss ich vermelden, dass die Lichtglocke am Südhimmel zugenommen hat. Früher war wirklich nur der unterste Südhimmel betroffen, jetzt zieht sich die Lichtglocke schon bis ca. 30° Höhe empor. Es mag sein, dass die Ausdehnung der Südhimmel-Lichtglocke mit der Wetterlage zusammenhing, weil diesmal vermehrt dünne Wolken vorhanden waren, aber vom Gefühl her wird von Jahr zu Jahr die Lichtverschmutzungs-Situation auch auf der Glocknerstraße schlechter.

So, genug geschimpft, fein war's trotz allem - nächstes Jahr sehen wir uns bestimmt wieder, ich und die Glocknerstraße!


Howdiis Kommentar zum Bericht

Wie Walter schon geschrieben hat, wir waren während seiner Glockner Expedition per e-mail in Kontakt. Walter vermutete, und stellte letztlich fest, dass sich der Hauptspiegel in seiner Zelle bewegen kann. Ich war der Meinung, es darf nicht sein, weil ich dem Spiegel seitlich wirklich keinen Platz zum Rumrutschen gelassen habe. Wenn der Spiegel sauber in seiner Zelle liegt, darf da eigentlich nichts sein. Daher kam meine Vermutung auf Guiding Probleme. Dass der Spiegel, wenn er sich in der Zelle bewegen kann, mit der Zeit, während einer Aufnahmeserie, eine Lageänderung erfahren kann, ist klar. Bei einer Einzelaufnahme von 5 Minuten, noch dazu im Zenitraum, ist es dennoch wenig wahrscheinlich. Schließlich, ich kenne auch solche Situationen, dass die Driftanzeige des Guiders einen "schönen" Verlauf suggeriert, dennoch die Sterne leicht verzogen sind. Und das durchaus auch bei einem Refraktor als Teleskop, wo erwiesenermaßen nichts eine ungewollte Eigenbewegung hat. Newton Teleskope sind zudem notorisch schwierig zu balancieren, was eine Montierung durchaus mit rauem Lauf des Antriebs quittieren kann. All das hat mich eben auf Guiding Probleme schließen lassen. Es gibt genug Ursachen, dass es zu Guiding Problemen kommen kann.

Richtig, der Newton ist ein Prototyp, und man verbaut diverse Komponenten. Was diese leisten oder nicht, lernt man erst bei einem ausführlichen Test. Mir ist Walter irgendwie dazwischen gekommen, kaum war der Newton "ausgebacken", war auch schon die Glockner Expedition angesagt. Viel Zeit zu testen hatte ich nicht, und bei meinen Fotos war ja soweit alles ok, bis auf das sehr "besch...eidene" Seeing, was zu diffus zerfransten und vereierten Sternen geführt hat (Anmerkung: Wenn der Leitstern vom Seeing geknetet und verdebscht wird, der Guider versuchen den "Helligkeitsschwerpunkt", den Centroiden zu ermitteln. Damit ergibt sich ja subpixelgenaues Guiding. Wenn nun der Centroid erratisch hin und her zuckt, der Guider dem im Sekundentakt nachhoppelt, darf man kein gar tolles Ergebnis bei der Sternabbildung erwarten. Demnach waren meine Tests auch nicht so aussagekräftig wie sie es sein hätten können). In diesem Sinne, ein großes Danke an Walter für seine Diagnosearbeit, vor allem unter besseren Himmelsbedingungen, ich bin so rascher auf den Kern des Problem gekommen.

Als ich den Fotonewton zurück hatte, habe ich sofort die Hauptspiegelfassung ausgebaut. Was ist da los? Seitlich zu viel Spiel, nein, wirklich nicht. Nochmals, da hat kein Blattl Papier rein gepasst. Aber, nach oben hatte der Spiegel etwas Luft, die Halteklammern sind nicht wirklich aufgelegen. Sollte normal kein Problem sein. Was Walter festgestellt hat, dass der Spiegel in der Zelle wackelt, war eben, dass der Spiegel nach oben Luft hatte und von den Auflagepunkten abzuheben war, somit "wackeln" konnte. Das war der Fall. Also legte ich die Halteklammern oben auf den Spiegel auf, und schwenkte die Zelle hin und her. Halt, der Spiegel bewegt sich immer noch, wie das?

Ich hob die Zelle hoch und lugte von unten seitlich hinein - hoppla, der Spiegel liegt nicht wirklich auf allen 9 Auflagepunkten auf! Es waren so, 6 1/2, oder wie soll ich es sonst sagen... So was! Also Spiegel raus, schauen wir nochmals die Zelle an: Eine etwas sonderbare Konstruktion des Herstellers. Es ist nicht mein Werk. Man denkt halt, teure Komponenten sollten es tun. Weit gefehlt. Die Auflagedreiecke sind nicht einmal im exakten Schwerpunkt unterstützt (rechnerisch vielleicht, in der Umsetzung nicht), und als Verdrehsicherung wird ein senkrechter Stift durch ein Loch pro Dreieck geführt. Rein dadurch werden die Dreiecke daran gehindert sich mit den Auflagepunkten schön an den Spiegel anzulegen. Die nach innen zeigenden Spitzen der Dreiecke hingen alle mehr oder weniger nach unten. Klar, dass es in so einer missglückten Zelle "rappelt", der Spiegel nicht wirklich stabil liegt. Computeroptimierte 9-Punkt Auflage klingt eindrucksvoll, hilft aber nicht, wenn die Fertigung es verunmöglicht, dass die 9-Punkt Auflage auch wie geplant funktioniert.

Ich versuchte die Zelle zu reparieren, zu verbessern, aber diese 9-Punkt Auflage war nicht zu retten. Die Dreiecke ließen sich nicht demontieren, Gewinde eingeklebt. Fein. Also sah ich mich gezwungen, die Zelle regelrecht zu "schlachten". Das Zeug wurde gewaltsam entfernt, und ich zimmerte eine Dreipunktauflage hinein. Reicht doch auch für einen Spiegel dieses Formats. So, und nun legte ich alle Halteklammern eng an. Die Zelle nahm ich in die Hand und schüttelte und rüttelte sie in allen Lagen, da konnte sich nun nichts mehr bewegen. Ein Blick von unten, der Spiegel liegt auf seinen drei neuen Auflagepunkten. Ok, das ist mal ein Provisorium, ich kann endgültig eine bessere und schönere Lösung bauen. Der Spiegel wurde nun auch neu zentriert, wobei ich nun, da die Zelle sehr eng im Tubus sitzt, Referenz zur Außenkante nahm, und nicht irgendwie zu anderen Zellenteilen. Dies sollte nun soweit in Ordnung sein.

Der MoonLite 2.5" Fokussierer ist im Prinzip gut, ich habe etliche davon schon verbaut, an anderen Teleskopen (keine Newton). Er ist stabil und lässt sich butterweich mit dem Trieb und Feintrieb bewegen. Der Tubus läuft auch stabil, nicht schief relativ zum Fokussiererkörper. Auch kein "Bananeneffekt", den ich schon an einem sogar teuren Crayford Fokussierer angetroffen habe. Walter meint, die 2" Aufnahme sei eine "Wurfpassung". Ja, ein bisserl Übermaß hat sie schon. Wenn man die Klemmschrauben aber etwas vorspannt, die Messingeinsätze auf Kante mit der 2" Aufnahme bringt, dann geht es schon strenger rein stecken, und man klemmt auch nicht mehr irgendwie total dezentriert. Was dran verunglückt ist, ist die Basis für Newton Teleskope. Die Rotiererei, ob das irgend ein Fokussierer der bezahlbaren Klasse wirklich kann, bezweifle ich sowieso. Es müsste ein Kugellager sein, in dem der Fokussierer rotiert, Alle klemmbaren Gleitlager sind mehr oder weniger Kompromiss bis unbrauchbar. Beim MoonLite darf man die Rotierung nur zur Ausrichtung der Antriebsachse sehen, dann klemmen und in Ruhe lassen. Oh, halt, die Klemmung. Man nimmt an, es wäre eine V-Nut, wo die angespitzten Klemm- und Zentrierschrauben genau in die Kerbe fassen. Nein, so ist es nicht, sie treffen auf eine nach unten konisch zulaufende Fläche. Na freilich, beim Anziehen einer dieser Schrauben wird der Fokussierer schon etwas schief gedrückt. Es gibt Justierschrauben, mit denen man den Fokussierer gegen die Basis justieren kann. Aber dann ist es sicher, ganz sicher vorbei mit irgendwas rotieren. Um mal da Herr der Lage zu werden, habe ich den Fokussierer ebenfalls ausgebaut, und auf einer Richtplatte per Anschlagwinkel mit der Schiebelehre ausgemessen, bis ich befunden habe, von drei Seiten alles ok. Dann wurde der Fokussierer wieder montiert, wo eigentlich nichts mehr passieren dürfte.

[Hier noch ein Wort zu Walters Antest, vor seiner Glockner Expedition: da war just die falsche Basis auf dem Fokussierer, mit falschem Radius. Statt auf den Kanten aufzuliegen, schaukelte die Basis auf der Mitte. So kann man den Fokussierer gleich mal verspannt und auch ein wenig schief montieren. Das war die erste Kur, die ich dem Fotonewton angedeihen ließ, die Basis mit korrektem Radius zu montieren. Das war schon mein Fehler, dass ich dies nicht gleich bemerkt hatte. Jedenfalls zur Glockner Tour ging der Newton mit der richtigen Basis.]

Nach erfolgtem Service an Spiegelzelle und Fokussierer nahm ich den Foto-Newton raus, zu einem rein visuellen Test der Justierung. 50mm Verlängerung in den Fokussierer (entspricht etwa der Fokuslage), und per Laser den Fangspiegel justiert. Da habe ich mir schon Mühe gegeben, den schweren Fangspiegel muss man kontern, die Federn der Zugschrauben sind zu schwach, die halten den Spiegel sicher nicht konstant. Die Hauptspiegeljustierung per Rückzentrieren des Lasers ist immer eine mehr oder weniger gute Schätzometrie. Ich sah nichtmal gut hin, Zenitraum, also raus mit dem Laser, Okular her, den Hauptspiegel am Stern ausjustieren. War wie erwartet nicht ganz perfekt. Ins Okular blicken und gleichzeitig Schrauben drehen geht nicht wirklich, also musste ich immer inspizieren, den Stern wieder in die Mitte holen. Das dauerte ein Weilchen bis ich, mal zu wenig, mal zu viel, bei einer perfekten Justierung angelangt war. (Anmerkung: Ich musste weit intra- und extrafokal arbeiten, es schätzt sich so schwerer als wenn man die Beugungsringe des defokussierten Sternabbilds sieht, aber man läuft sonst Gefahr, thermische Effekte ausjustieren zu wollen, was niemals Erfolg bringen wird.) Nun blieb der Schatten des Fangspiegels schön zentriert, intra- wie extrafokal. Also geht doch, wäre ja gelacht. Zig Newton habe ich schon justiert, und den krieg ich auch noch hin. Das war mir eh klar. Ich schwenkte den Newton nun in diverse Lagen, steiler, flacher, Ostseite, Westseite, Meridianlage, die Justierung hielt. Soweit sieht es nach stabiler Tubusmechanik aus. Ein Fototest steht noch an, bislang hatte ich anderes zu tun, es gibt gar nicht genug klare Nächte, wobei ich sowieso Mondnächte mit nehme, sonst käme ich mit meinen Testarbeiten noch weiter in Rückstand.

Tja, man lernt. Sollte ich noch einen Foto-Newton bauen, den MoonLite Fokussierer werde ich nicht mehr nehmen. Da habe ich schon ein anderes Produkt im Visier. Schön und gut, 2.5" Fokussierer, dann fährt man eh im Prinzip mit einem 2" Korrektor drauf. Also Overkill. Und wenn ich nochmals diese Hauptspiegelzelle bestellen würde, dann gleich ohne diese 9-Punkt Auflagedreiecke, ich baue dann die Auflagepunkte selbst rein. Etwas konstruieren und zimmern - bei einem Einzelstück ok, denkt man jedoch an eine Kleinserie, ist es immer angenehmer, wenn man auf fertige Komponenten zurückgreifen kann, die man vielleicht noch ein wenig modifiziert.

Zu der ungleichen Ausleuchtung in den Ecken - eine Bildecke zeigt einen deutlich stärkeren Helligkeitsabfall: Wo soll es her kommen? Vom Teleskop selbst wohl nicht. Dass der Fangspiegel perfekt zentriert unter dem Okularauszug sitzt, hat auch Walter festgestellt. Aufgetreten ist dieser Effekt aber mit zwei verschiedenen Komakorrektoren, auch zwei verschiedenen Kameras. Diese kann man also als Verursacher ausschließen. Gar so schlimm ist es erstens nicht, ein paar Prozent halt, und ohne Flats wird sowieso keine seriöse Astrofotografie möglich sein. Zweitens, woher kommt es wirklich? Bleibt eigentlich nur noch das Spiegelcoating. Doch welche anderen guten Spiegel, wenn nicht diese? Es soll bezahlbar bleiben, und ich will keine Experimente mit Spiegeln eines anderen Herstellers, wo nicht einmal die Brennweite annähernd dem Soll entspricht, und die Spiegelqualität zweifelhaft ist. Ich würde bestenfalls zu einem Quarzspiegel greifen, wegen Fokusdrift beim Austemperieren. Vielleicht hätte der auch ein besseres Coating. Es ist halt ein Großserienprodukt, und man muss immerhin anmerken, dass die optische Qualität gut ist, es gibt keine nennenswerte Streuung in der Qualität, ich habe schon viele dieser Spiegel in der Mangel gehabt. Forcierte Coatings sind ein wenig kritisch, deswegen raten manche Spiegelhersteller immer noch zu einem Standard Coating. Der Hauptspiegel liegt jetzt sicher in einer etwas anderen Orientierung in der Zelle. Tritt dieses Ausleuchtungsdefizit (nicht Vignettierung) wieder genau in dieser Ecke auf, ist das Coating des Fangspiegels in Verdacht. Man wird sehen.

Howdii


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