Bergpanorama an der Glockner-Hochalpenstaße, Blick Richtung Süden. Unten im Vordergrund das Wallackhaus.
Wie jedes Jahr hatten wir auch diesmal zum Septemberneumond eine mehrtägige Beobachtungsexkursion geplant, nur hatten wir eigentlich gar nicht das Glocknergebiet, sondern die Mödlinger Hütte in den Ennstaler Alpen in der Steiermark im Visier. Rechtzeitig zu Neumond machte sich dann eine stabile Hochdruckwetterlage über Österreich breit, die uns auf klare Nächte hoffen ließ.
Als wir am späten Nachmittag des 9. September 1999 bei der Mautstraße, die zur Mödlingerhütte hinaufführt, eintrafen, stellte sich heraus, daß die Straße im oberen Teil nicht befahrbar war, die Hütte und damit auch unser vorgesehener Beobachtungsplatz konnten nicht mit dem Auto erreicht werden. Also machten wir uns auf die Suche nach Alternativen. Wir versuchten es erst auf der Tauplitzalm oberhalb des Grimmingtals, dort war jedoch kein geeigneter Beobachtungsplatz zu finden, außerdem gefielen uns die aufziehenden Dunstschleier nicht. Als zweite Alternative versuchten wir es noch auf der Hochwurzen oberhalb von Schladming. Als wir dort eintrafen, war es bereits Nacht, jedoch konnte uns der Sternenhimmel auch dort nicht gefallen: Dunstschleier beeinträchtigten die Transparenz, außerdem war die Himmelsaufhellung von Schladming störend. Howdii gab sich geschlagen und fuhr enttäuscht wieder heim, es ging ihm auch gesundheitlich nicht gut. Ich jedoch beschloß zur Glocknerstraße weiterzufahren.
Als ich dort eintraf war es bereits 23 Uhr. Auf der Nordseite lag Nebel, also ich jedoch durch das 2575m hoch gelegene Hochtor auf die Südseite nach Kärnten überwechselte, empfing mich einigermaßen klarer Himmel, getrübt lediglich durch Wolken, die über das Hochtor "herüberschwappten". Als Beobachtungsplatz wählte ich die Südseite des 2304m hoch gelegenen Wallackhauses, das ist genau der Platz, an dem Howdii und ich zwei Jahre vorher schon gestanden sind und den wir für geeignet befunden hatten. Das Haus war um diese Zeit schon fest verschlossen. Wenn man das Teleskop nahe genug ans Haus heranstellt, ist man vor dem böigen Nordwind geschützt, der fast ständig vom Hochtor herunterbläst.
Dort also baute ich meinen vierzölligen Refraktor auf und warf zunächst nur gelegentliche Blicke auf Jupiter und Saturn, wenn es die Wolken zuließen. Das Seeing erwies sich dabei als überraschend gut, ich konnte zahlreiche Details auf den Planetenscheiben ausmachen.
Mit der Zeit besserte sich jedoch die Wolkensituation, die südliche Himmelshälfte wurde dauerhaft frei von Wolken und ich konnte doch mit dem Fotografieren beginnen. Fotografiert habe ich den Helixnebel (NGC 7293). Dabei fiel mir auf, daß der Himmel unterhalb von 20 Grad doch einigermaßen aufgehellt war, erstaunlich für das Hochgebirge; darüber wies er jedoch eine Transparenz auf, von der man in Ostösterreich meist nur träumen kann.
Orionaufgang während einer Astroaufnahme
Nachdem das Foto beendet war - es war schon gegen 4 Uhr früh - war meine Optik beschlagen. Während der Morgendämmerung habe ich dann Jupiter und Saturn fotografiert und akzeptable CCD-Aufnahmen von Jupiter gemacht, trotz der beschlagenen Optik.
Jupiter, 4" f/6.5 APO bei f/32.5 (5x Barlow TeleVue "Powermate"), 2x30ms
Danach legte ich mich zwei Stunden lang ins Auto schlafen, bis das Wallackhaus geöffnet hatte, bezog dann ein Zimmer und schlief dort weiter bis gegen Mittag. Am Nachmittag fuhr ich hinunter in Richtung Franz-Josefs-Höhe, das Teleskop immer noch im Auto. Die Berge zeigten sich von ihrer besten Seite, der Himmel hatte eine angenehme tiefblaue Farbe - ein richtiges Kaiserwetter. An einem kleinen Parkplatz, von dem aus man gute Sicht auf den Großglockner hat, aber doch etwas mehr Ruhe als beim Freiwandeck-Parkhaus, baute ich den Refraktor auf und schaute in aller Ruhe den zahlreichen Bergsteigern beim Erklimmen des höchsten Berges Österreichs zu. Fotografiert habe ich diesen markanten Gipfel natürlich auch - mit Teleobjektiv und im Primärfokus meines Apochromaten.
Der 3797m hohe Großglockner im Teleobjektiv und im Primärfokus des 4" Refraktors
Zwei Amateurastronomen aus München sahen mich mit dem Teleskop dort stehen und gesellten sich auf ein Plauscherl zu mir. Anschließend besuchte ich noch das neue Swarovski-Observatorium oberhalb des Freiwandeckparkplatzes, wo Ferngläser und Spektive von Swarovski zur Beobachtung des Bergpanoramas und zur Begutachtung aufgestellt sind. Ich muß allerdings sagen, daß keine der ausgestellten Optiken der farbreinen und kontrastreichen Abbildung meines russischen Apochromaten gleichkam...
Auf dem Weg zum Swarovski-Observatorium oberhalb der Pasterze
Großglockner im Gegenlicht, vom Observatorium aus fotografiert.
Ich genoß das Bergpanorama noch einige Stunden lang in aller Ruhe.
Zurück am Wallackhaus bereitete ich mich nach einem guten Abendessen auf die kommende Nacht vor. Die Abenddämmerung wies prächtige Farben auf und ließ auf eine klare, ungestörte Nacht hoffen. Ich baute meinen Refraktor wieder an der gleichen Stelle wie in der Nacht zuvor auf.
Mein Beobachtungsplatz beim Wallackhaus in der Abenddämmerung
Zahlreiche Hüttengäste bewunderten noch den prächtigen Sternenhimmel in der späten Dämmerung und ließen sich von mir die gerade sichtbaren Sternbilder erklären, nach 22 Uhr war ich dann aber alleine. Über dem Hütteneingang gibt es jetzt eine Leuchtreklame, die normalerweise immer erst gegen 23 Uhr abgedreht wird, ich konnte jedoch die Wirtin überreden, sie mir zuliebe schon früher abzuschalten.
Die Nacht begann stark - ich habe die freisichtige Grenzgröße des Himmels auf 6.5 mag eingeschätzt, und es war vollkommen windstill. Fotografiert habe ich in dieser Nacht zunächst den Adlernebel M16, danach den Feuervogel NGC 6960, der Teil des Cirrus-Nebels rund um den Stern 52 Cygni. Während die Aufnahmen liefen, fand ich genug Zeit, mit meinem 15x80 Steiner Fernglas in der Sommermilchstraße "spazieren zu gehen" - die Anblicke der zahlreichen Sternwolken sowie Emissions- und Dunkelnebeln waren bei den guten Bedingungen im Hochgebirge wirklich großartig, man kann davon gar nicht genug bekommen. Ich kann jedem, der eine klare Nacht im Gebirge zu verbringen gedenkt, nur raten, einen Feldstecher mitzunehmen, das ist wenig Aufwand und man bekommt wahrhaft einzigartige Anblicke der Milchstraße damit. Zum Glück verwende ich jetzt beim Fotografieren einen Autoguider am Leitrohr, der die Nachführung übernimmt, und hatte somit genug Zeit, dies zu tun.
Währenddessen nahm die Luftfeuchtigkeit stark zu und nach dem zweiten Foto war dann schließlich das Objektiv meines 4" APOs beschlagen. Trotzdem gelang mir auch mit beschlagener Optik noch ein akzeptables CCD-Bild von Saturn.
Saturn, 4" f/6.5 APO bei f/32.5 (5x Barlow TeleVue "Powermate"), 50ms
Das Seeing war auch in dieser Nacht ausgezeichnet, Jupiter und Saturn zeigten visuell im Apochromaten wieder zahlreiche Details. Um 2:45 schließlich zogen Wolken auf und beendeten die Beobachtungsnacht.
Nachdem ich mich am darauffolgenden Tag, das war Samstag, der 11.9.99, bis ca. 10 Uhr ausgeschlafen hatte, baute ich mein Teleskop wieder vor der Hütte auf, diesmal zur Sonnenbeobachtung. Einen geeigneten Glas-Sonnenfilter hatte ich extra zu diesem Zweck mitgenommen. In einigen wenigen Momenten, in denen die Luftunruhe einen Moment lang nachließ, glaubte ich sogar die Granulation der Sonnenoberfläche zu erkennen. Wieder waren einige neugierige Hüttengäste zugegen, die auch einen Blick auf die Sonne durch das Teleskop werfen durften.
Für den Nachmittag hatte ich mir diesmal etwas Besonderes vorgenommen: An diesem Neumondwochenende fand wie jedes Jahr auf der Emberger Alm oberhalb von Greifenburg im Drautal das Internationale Teleskoptreffen (ITT) statt. Im Vorjahr hatten Howdii und ich ja auf der Emberger Alm einige Nächte verbracht, waren dann aber knapp vor dem ITT abgereist. Diesmal wollte ich zum Teleskoptreffen hinschauen, wenn auch nur unter Tags.
Die Emberger Alm ist nur ca. 45 km Luftlinie von der Glocknerstraße entfernt, allerdings muss man erst ins Tal hinunter-, dann um die Kreuzeckgruppe herum- und bei Greifenburg wieder 700 Höhenmeter hinauffahren. Vor allem die Auffahrt zur Emberger Alm gestaltete sich mühsam, da sich die Straße in einem katastrophalen Zustand befindet und nur im Schrittempo einigermaßen sicher zu befahren ist. Allerdings ist Besserung in Sicht: Noch dieses Jahr soll sie frisch geteert werden.
Oben angekommen, wollte man von mir gleich die Teilnahmegebühr einfordern, da ich mein Teleskop im Auto hatte und die Straßenwächter wohl annahmen, ich wollte auch die Nacht hier verbringen. Nachdem ich das geklärt hatte und ein Stück weiterging, fand ich mich auf einer Wiese voller Teleskope wieder.
Zahlreiche Teleskope (hier vor allem Dobs) beim ITT 99 auf der Emberger Alm
Ich bewunderte zahlreiche Sonderkonstruktionen und Eigenbauteleskope - von denen gab es ja genügend zu sehen, und ich habe mit den Besitzern der Teleskope teilweise längere Gespräche geführt und überall wo möglich durchgeschaut.
5" Takahashi-Refraktor und 17.5" Newton auf schweren Eigenbau-Montierungen
In den meisten Teleskopen konnte ich die Sonne bewundern. Beeindruckt haben mich die kontrastreiche Abbildung der Sonnenflecken und Protuperanzen in einem 85mm TeleVue Pronto-Refraktor ausgestattet mit einem engbandigen H-alpha Filter und in einem Zeiss 6" Refraktor mit Herschelkeil.
6" Zeiss-Refraktor auf hohem Eigenbau-Stativ
Faszinierend war auch der Anblick von entferntem Geäst in einem Fujinon 25x150 Doppelfernrohr. Ich traf beim Herumgehen einige bekannte Teleskophändler aus Deutschland, überhaupt stammte die Mehrzahl der ITT-Teilnehmer aus diesem Land. Wiener traf ich keine.
Nachdem ich mich drei Stunden auf der Emberger Alm aufgehalten hatte, ging's wieder zurück auf die Glocknerstraße, wo ich mein Teleskop aufbaute und mich auf die Nacht vorbereitete. Diese meine letzte Nacht beim Wallackhaus lieferte endlich die konstant gute Bedingungen von der Abend- bis zur Morgendämmerung bei einer freisichtigen Grenzgröße von 6.3 mag und gutem Seeing. Es war windstill bei mäßigem Taubeschlag und dazu mit 10°C für die Höhe ungewöhnlich warm.
Auch diese Nacht habe ich fotografisch genutzt, jedoch nahm ich mir Zeit, um die bekannten Sommerobjekte visuell zu betrachten. Zwar hat mein Refraktor "nur" eine Öffnung von 4", was aber unter den gegebenen guten Bedingungen durchaus ausreichte, um auch visuell an Deep-Sky-Objekten zahlreiche Details zu erkennen. Außerdem eignet sich der Refraktor bei niedriger Vergrößerung und großer Austrittspupille als Rich-Field-Telescope, mit dem sich die großen Emissionsnebel in der Sommermilchstraße hervorragend beobachten lassen.
Beobachtet habe ich M8 (Lagunennebel), M20 (Trifidnebel), M17 (Omeganebel), M16 (Adlernebel), B139 (Dunkelnebel im Adler), B143 (Banard's "E"), Gamma Cygni (Albireo), Cirrus-Nebel, Nordamerika-Nebel, Pelikannebel, Cocoonnebel, M57, M13 sowie den Kometen C/1999 H1 Lee. Die große HII-Region IC 1396 im Cepheus konnte ich nicht ausmachen.
Überrascht war ich, den Cocoonnebel IC 5146, den ich ja schon mit Erfolg im 4.1" APO fotografiert habe, auch visuell im Refraktor mit indirektem Sehen auszumachen, das gelang relativ problemlos. Der langgestreckte Dunkelnebel, der nahe dem Sternhaufen M39 beginnt und beim Cocoonnebel endet, war sowohl im Fernrohr als auch im 15x80 Fernglas beeindruckend. Den Kometen Lee fand ich mit dem Fernglas während nebenbei eine Aufnahme lief, und zwar anhand einer Aufsuchkarte, die ich mir extra für den Zweck mitgenommen hatte. Zu dem Zeitpunkt stand er im Sternbild Giraffe. Er war ca. 7 mag hell und als diffuser etwa 5 Bogenminuten großer Fleck relativ leicht auszumachen. Den Schweif entdeckte ich erst, als der Komet schon etwas höher stand, er war ca. 1/2 Grad lang. Natürlich habe ich auch ein Foto des Kometen gemacht - wie geht's bei Walter auch anders - nur war die Nachführung nicht gerade einfach: Der Autoguider konnte den diffuse Kometenkopf nicht nachführen, und die manuelle Nachführung war aufgrund der diffusen Koma auch nicht gerade einfach. Drift Guiding auf einen Stern, wie es bei solchen Kometen empfohlen wird, war mir nicht möglich, da ich über (noch) kein Micro Guide-Okular verfüge.
Komet C/1999 H1 Lee, 12.9.1999 2:35 MESZ, 4" f/6.5 APO, 52 Minuten belichtet auf Fuji Superia 400, ungenaue Nachführung
Einen Gegenschweif, der von anderen Fotografen festgehalten wurde, konnte ich visuell nicht ausmachen, auf dem Foto ist auch keiner zu erkennen. Nach der Kometenaufnahme warf ich noch einmal abschließende Blicke auf Jupiter und Saturn, danach machte ich Schluß, da mir am nächsten Tag eine weite Heimreise bevorstand.
Am Sonntag nach dem Frühstück hieß es für mich Abschied nehmen von der großartigen Landschaft und den schönen Nächten, die mir dort oben vergönnt waren. Zum Abschluß fuhr ich noch hinauf zur Edelweißspitze, dem höchsten Punkt der Glocknerstraße, zu einem letzten Rundblick auf die zahlreichen von dort aus sichtbaren Dreitausender.
Danach ging es dann heimwärts über Klagenfurt und die Südautobahn nach Wien.
Ideale Astronomen-Unterkunft: Das Wallackhaus in 2304m Höhe
Zusammenfassend kann ich nur wiederholen, was Howdii schon vor zwei Jahren nach unserer Glocknerexpedition 1997 geschrieben hat: Die Transparenz des Himmels in dieser Höhe im Hochgebirge ist großartig und für einen Flachländler ungewohnt, wenn auch der tiefe Horizont durch den Dunst, über dem man in der Regel drüber steht, aufgehellt wird. Bei Windstille kann man sogar an einem solchen von der Landschaftsform eher ungünstig erscheinenden Beobachtungsplatz gutes bis sehr gutes Seeing erwarten, allerdings muß man dann mit starkem Taubeschlag rechnen.
Das Wallackhaus ist als Astronomen-Unterkunft gut geeignet, man kann mitten in der Nacht problemlos rein und raus, und wohnt mit einigem Komfort. Einen brauchbaren, windgeschützten Beobachtungsplatz findet man gleich an der Südseite des Hauses, besser geht's kaum mehr. Störend war einzig die Leuchtreklame über dem Eingang (leuchtet aber nicht direkt zum Beobachtungsplatz), man kann jedoch mit den Hüttenbetreibern vereinbaren, daß diese frühzeitig abgedreht wird.
Ein Aufenthalt in der großartigen Bergregion ist schon alleine ein Erlebnis für sich. Eine Wiederholung der Aktion - diesmal hoffentlich zusammen mit Howdii - habe ich mir schon fix vorgenommen.