Beobachtungsbereiter TMB-Refraktor vor der Gockner
Wie meine Leser ja sicherlich schon wissen werden, zieht es mich jedes Jahr im September hinauf in die Alpen; nein, nicht etwa um dort oben gewagte Bergtouren zu unternehmen, vielmehr ist es die Faszination des beinahe noch ungetrübten Sternenhimmels, die mich hinauflockt! In mehr als 2000m Höhe am Alpenhauptkamm, fern von jeder künstlichen Lichtquelle, kann man noch jenen überwältigend schönen Sternenhimmel erleben, der schon unsere Vorfahren so beeindruckt haben muss...
Der Glockner im Abendlicht - fotografiert bei der Auffahrt auf die Glocknerstraße
Um nicht in Gefahr zu laufen, jedes Jahr mehr oder weniger den gleichen Bericht abzuliefern, werde ich diesmal etwas weniger schreiben und vermehrt die Bilder für sich sprechen lassen. Nahe gelegt wird das auch durch die große Anzahl an Fotos, die diesmal mitgebracht habe - das kommt davon, wenn man eine Digitalkamera mitnimmt. Da kommt's auf ein Foto mehr oder weniger nicht an, denkt man, schließlich kostet es nichts weiter als ein wenig Zeit bei der Aufnahme und ein wenig Platz auf der Speicherkarte, und wenn's nicht gefällt, dann kann man's einfach löschen - ja, so glaubt man. Das Resultat ist eine Bildmenge, die gerade noch auf eine DVD draufpaßt... Ok, ok, die Fotos habe ich im RAW-Modus aufgenommen, in voller Auflösung und Farbtiefe, und allesamt nachbearbeitet, um das Beste aus ihnen herauszuholen. Meine Kamera ist eine Nikon D70 Spiegelreflexkamera, die ich sowohl für die Tageslicht- als auch für die Astroaufnahmen eingesetzt habe. Da ich mich nicht ausschließlich auf elektronische Speichermedien verlassen wollte, habe ich nebenbei auch konventionell auf Kodak E200 Diafilm belichtet. Dieser Film ist bei Astroaufnahmen besonders gut für Emissionsnebel geeignet, weit besser als die D70, die gerade im roten Hα Licht eine nur geringe Empfindlichkeit besitzt.
Impressionen von der Glocknerstraße - Fahnenparade auf der Kaiser-Franz-Josefs-Höhe, Fensterschmuck am Rasthaus Schöneck, eine Schneefräse bereit für den Winter und ein Biker im Schafspelz
Die Wetterprognose versprach ab Donnerstag, den 9. September, genau zwei klare Nächte, und so war es dann auch - Samstag in der Früh zogen erste Schleierwolken herein, die eine aufziehende Front ankündigten, und mich zur Heimreise veranlassten. Der Freitag was ein Tag mit Kaiserwetter, mit strahlender Sonne vom dunkelblauen Himmel, den ich für einen Ausflug zur Kaiser-Franz-Josefs-Höhe genutzt habe, um dort am Parkplatz I wieder einmal den Glockner und die umliegenden Berge zu betrachten und zu fotografieren - mit und ohne Teleskop. Wie im Gänsemarsch waren die Bergsteiger wieder einmal in Richtung Großglockner-Gipfel unterwegs...
Groß- und Kleinglockner - fotografiert mit Weitwinkel, Teleobjektiv und mit dem TMB Refraktor (650mm Brennweite)
Links: Groß- und Kleinglockner - ein Detail der Refraktor-Aufnahme, um die Leistungsfähigkeit eines modernen Teleskops in Verbindung mit einer digitalen Spiegelreflexkamera aufzuzeigen
Rechts: Erzherzog-Johann-Hütte auf der Adlersruhe mit Hubschrauber - aufgenommen mit dem TMB Refraktor und 2x Telekonverter (1300mm Brennweite)
Die Murmeltiere waren wie jedes Jahr im September wieder sehr aktiv.
Ein kurzer Abstieg in Richtung Pasterze, ein Aufstieg zum Swarowski-"Observatorium" (es gibt dort lediglich ein paar Ferngläser zum Ausprobieren - hinter Glas) sowie Fotos vom Brennkogelkar rundeten das Tagesprogramm ab.
Glockner und Johannisberg mit Pasterze (links); der Sandersee gesehen vom Swarowski-Observatorium (Mitte); das Brennkogelkar (rechts)
Was mir dieses Jahr besonders auffiel, war die ungewohnte Blumenpracht. Im September sind die Bergwiesen sonst meist eher braun und vertrocknet, aber nicht so dieses Jahr, vielleicht weil der Sommer nicht so heiß und auch etwas feuchter war als gewöhnlich - jedenfalls waren die Almen grün und mit farbenprächtigen Blumen übersät.
Blumenpracht auf den Glocknerwiesen
Gewohnt habe ich wie jedes Jahr im Wallackhaus, das gerade umgebaut wurde - unter anderem wurden die Zimmer modernisiert, was ich gar nicht als so besonders notwenig empfunden habe, schließlich hat es sich in den alten Zimmern auch ganz gut gewohnt.
Die Glocknerstraße mit dem Wallackhaus (unten, klein); im Hintergrund Berge der Schobergruppe
Da beide Nächte windstill waren (das ist eher ungewöhnlich für die Zentralalpen) habe ich nicht wie sonst neben dem Wallackhaus aufgebaut, sondern oben auf der Edelweißspitze, mit 2571m die höchste Stelle der Glockner-Hochalpenstraße, gelegen an der nördlichen (Salzburger) Seite, und über eine Stichstraße mit vielen engen Serpentinen erreichbar. Dort steht man gut 270m höher als beim Wallackhaus.
Abenddämmerung am Beobachtungsplatz
Diese Bergspitze ist ein wenig exponiert, bei Wind kann es dort unangenehm werden, bietet jedoch als zusätzliche "Attraktion" den Ausblick auf mehr als 30 Gipfel, die höher als 3000m sind. Aufgrund der hellen Gletscher kann man die einzelnen Berge auch in der Nacht ganz gut ausnehmen.
Beobachtungsplatz Edelweißspitze im Mondlicht - zu sehen sind die beiden Teleskope (das hintere Teleskop, der Wright-Newton, wurde während der Aufnahme bewegt), und leichte Wolken am Südwesthorizont, die aber nicht weiter gestört haben. Belichtungszeit: 10 Minuten
Allerdings wird die Edelweißspitze auch gerne von diversen Nachtschwärmern besucht - so plagte sich in der ersten Nacht (Donnerstag auf Freitag) ein Versuchswagen mit viel Licht langsam die zahlreichen Serpentinen herauf, dann eine Gruppe von Bikern, und immer wieder Gäste der Edelweißhütte, die ebenfalls den Sternenhimmel bewundern - und fotografieren - wollten. Letzteres allerdings mit Blitzlicht, weil das ja sicherlich den Himmel vollständig ausleuchtet und die richtigen Astrofotografen und Beobachter gar nicht stört... :-(
Strichspuraufnahme mit Milchstraße über dem Brennkogel - Belichtungszeit: 8.5 Minuten, mit "Lichtverschmutzung" von der Glocknerstraße
In der zweiten Nacht fand ich zwei Tiroler Amateure dort oben, einer hat mit einem 16" Dob beobachtet - und war so freundlich, mich mitschauen zu lassen, wann immer ich gerade mal nicht mit meinen Foto beschäftigt war. Die visuelle Grenzgröße lag in beiden Nächten bei 6.4 mag im Kleinen Wagen - schwächere Sterne konnte ich nicht ausmachen. Hierbei ist wieder einmal anzumerken, dass ich ziemlich konservativ beim Schätzen der Grenzgröße bin, einer der beiden Sternfreunde hat die zweite Nacht als "7 mag-Nacht" bezeichnet, was sie aber in meinen Augen nicht war. Die Temperatur sank nicht unter +5 Grad, es war also ganz gut auszuhalten, auch in der Höhe. Es war trocken und das Seeing war gut, sehr gute Bedingungen also.
Ich hatte drei Teleskope mit: Den 4.1" TMB Refraktor, den 4.9" JSO Wright-Newton, und das Meade 8" SCT, letzteres kam aber gar nicht zum Einsatz, da ich in der zweiten Nacht am 16" Dob mitbeobachten durfte. Den guten alten Telementor hatte ich als Leitrohr auch mit dabei. Fotografiert habe ich abwechselnd mit dem Refraktor und mit dem Wright-Newton auf meiner kürzlich erworbenen OTE-150 Montierung, das jeweils andere Rohr stand zur visuellen Beobachtung zur Verfügung, und zwar auf meiner altgedienten GP-DX.
Digitale Astrofotos der ersten Nacht:
Der Westteil des Cirrus-Nebels (links), die Große Andromedagalaxie (Mitte) und ein Ausschnitt aus dieser Aufnahme (rechts) - alle Aufnahmen mit dem 4.9" JSO Wright-Newton
Konventionelle Astrofotos der ersten Nacht:
B142/B143 - Barnard's "E" - alle Aufnahmen mit dem 4.9" JSO Wright-Newton
Die visuellen Beobachtungen konzentrierten sich hauptsächlich auf Streifzüge in der Milchstraße, also auf das langsame Auf- und Abfahren der Milchstraße mit dem 22mm Panoptik-Okular (mein Lieblingsokular) bei halb angezogenen Klemmen in beiden Achsen. Dabei kommen ausgedehnte Sternfelder, Staubbänder, Emissionsnebel, Dunkelnebel, Sternhaufen, Assoziationen, farbprächtige Doppelsterne und dergleichen mehr abwechselnd ins Gesichtsfeld - man kann dabei richtig "verlorengehen" in der Milchstraße. Der ausgesprochen dunkle Himmelhintergrund und die klare Gebirgsluft machen diese Art der Beobachtung zum puren Vergnügen, und dann blättere ich in den Sternkarten nach: Wo bin ich da eigentlich? Was habe ich dort alles gesehen?
Die üblichen Schaustücke des Sommer- und Herbsthimmels habe ich nebenbei auch beobachtet, besondere oder ausgefallene Beobachtungen standen aber diesmal nicht am Programm.
Digitale Astrofotos der zweiten Nacht:
Der Schwanen- oder Omeganebel M17 (links) und die Triangulum-Galaxie M33 (rechts) - alle Aufnahmen mit dem 4.1" TMB Refraktor
Eines der beeindruckensten Naturerlebnisse war die Morgendämmerung und der anschließende Sonnenaufgang am Freitag. Mond und Venus - die beiden standen beinahe übereinander - und Saturn waren die ersten Vorboten, dann ging das tiefe Schwarz des Himmels langsam in ein tiefes Blau über. Tief unten am Osthorizont bildete sich ein rötlich-brauner Streifen, weil dort unten einige Wolken lagen. Darüber zeigte sich Merkur in einer guten Morgensichtbarkeit, unmittelbar daneben Regulus. Später ging die Farbe am Horizont in einen Gelbton über, dabei wurden die umliegenden Berge in ein ungewöhnliches weiches rötlich-braunes Licht getaucht, während in den Tälern noch ein dunkler Blauton vorherrschte - so lange, bis die hohen Bergspitzen, von den ersten Sonnenstrahlen getroffen, aufleuchteten, das war noch bevor die Sonne von der Edelweißspitze aus sichtbar war. Diese Farben und das Erlebnis kann man kaum in Worte kleiden, und auch Fotos können das nur unvollständig wiedergeben - man muss es einfach selbst erleben...
Links: Planeten und Sterne am Osthimmel in der frühen Dämmerung, Rechts: Ausschnitt mit Merkur (heller) unmittelbar neben Regulus.
Morgendämmerung auf der Edelweißspitze
Am Samstag war mir aufgrund der aufziehenden Bewölkung keine so schöne Morgendämmerung mehr vergönnt. Den Tag habe ich - nachdem ich mich gründlich ausgeschlafen hatte - zu einem Ausflug zu einem schönen Wasserfall genutzt, der nicht weit von der Kaiser-Franz-Josefs-Höhe liegt, oberhalb vom Naßfeld, aber offenbar gar keinen Namen hat, zumindest ist in den Karten keiner eingetragen. Es handelt sich um Gletscherwasser, das vom Freiwandkees kommend über mehrere Wandstufen bis zum Naßfeld-See herunterstürzt, ich habe den Fall "Freiwand-Wasserfall" getauft. Dieses Jahr hat er besonders viel Wasser geführt, fotografisch habe ich mich mit kurz- und langbelichteten Aufnahmen aus verschiedenen Blickwinkeln gespielt.
Der Freiwand-Wasserfall - jeweils eine lange (1/60s) und eine kurze (1/1000s) Aufnahme
An diesem Tag dürfte ein Oldtimer-Treffen auf der Kaiser-Franz-Josefs-Höhe stattgefunden haben, jedenfalls sind mir mehrere dieser Automobile entgegengekommen - langsam und gemütlich, und den "moderneren" Verkehr ganz schön aufhaltend...
Oldtimer auf der Glocknerstrasse
Abschließend ging es über das Mölltal und Villach heim nach Wien.
Impressionen von der Heimfahrt - Heiligenblut und eine Mühle bei Döllach